Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 1. Januar 1943

Köln-Dellbrück, Neujahr 1943

Mein lieber Rudolf!

Nun ist der erste Tag des neuen Jahres vorüber, daß wir in nettem, gemütlichen Kreise begannen. Oma, Elli + Agnes Böhner + ich saßen beisammen + tranken erst ein Tässchen Kaffee, dann stiftete Agnes eine Flasche Wein. Zuvor waren wir eine Stunde im Luftschutzkeller, es wurde ordentlich geschossen, ein Tommy brummte trotz tiefster Dunkelheit hier herum! Hoffentlich werden wir auch in diesem Jahr verschont, damit wir an Leib + Gut nicht zu Schaden kommen. Wir können nur immer wieder alles unserm Herrgott anheimstellen! – Wie begannst Du das neue Jahr? Gleich beim ersten Stundenschlag dachte ich im Gebet an Dich. Warst Du im Kreise froher Kameraden? Du schreibst mir

mal ja? Wir hatten Schnee, Sylvester schneite es den ganzen Tag! Heute regnets in die Herrlichkeit, schade! Post habe ich zu Neujahr nicht bekommen, da ich ja zu Weihnachten von allen Seiten Grüße bekam. Gegen ein Uhr, also gleich im neuen Jahr kam H. Ermert mich rufen, seine Frau hatte einen Anfall. Der Arzt, Dr. Beerhausen kam nicht. Ich mußte da schlafen, auch kommende Nacht! –

Oma bleibt noch bis Sonntag-Abend hier, ich freue mich. Sonst gibt es nichts Neues. Allenthalben war der Jahreswechsel still + ruhig. Der Ernst des Krieges überschattet doch alles. Man kann sich garnicht vorstellen, daß es noch mal anders wird! Ich freue mich auf Deinen nächsten Brief!

Viele liebe Grüße sendet Dir mit einem Kuß
Deine
Dich l. Mutter.