Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 15. Januar 1944

Köln-Dellbrück, 15.1.44

Mein lieber, guter Junge.

Auch heute Abend muß ich ein wenig mit Dir plaudern. Du verstehst ja wohl, daß ich, da ich so allein sitze des Abends, Heimweh nach Dir habe. Alles ist so leer in der Wohnung. Heute Nachmittag war ich ein Stündchen raus; bei T. Marie, die an Grippe liegt, bei T. Klara + T. Stina, die Beide noch nicht gesund sind. Das Wetter ist ja besser, klar + trocken. Schade, daß wir nicht einen schönen Tag zum Wandern hatten. – Hast Du die Reise gut und ohne Alarm + Angriff überstanden? Wir hatten Alarm um 8 ¼ Uhr. Heute hast Du wohl geruht? Fandest Du liebe Briefe vor + auch Päckchen? Und nun mußt Du wohl alles richten für’s Ausrücken. Hoffentlich bekommst Du noch Post, ehe Du fort kommst.

Dann wird es ja lange Zeit dauern, ehe wir voneinander hören. Ich glaube, ich kann dann garnicht so recht froh sein, wenn ich Dich im Einsatz weiß. Dann muß ich noch mehr für Dich beten. Für die Mutter ist es das schlimmste Gefühl, das Kind in Gefahr zu wissen, und ihm nicht helfen zu können.

Ich muß um Kraft beten, und um Mut. Ich freue mich nun auf einen Gruß von Dir, mein Junge!

„Gott befohlen“
und herzlichen Gruß + Kuß
Mutter.