Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 24. September 1939

Hölzchen, den 24.IX.39

Mein liebes Mütterlein!

Heute, Sonntag, erhielt ich Deinen lieben Brief und das feine Päckchen. Für beides meinen herzlichen Dank. Nur eines muß ich Dir sagen. Du darfst Dir nichts absparen um mir zu schicken. Wenn wir hier auch manches entbehren müssen, wir können uns doch schon einmal etwas kaufen, das heißt Schokolade usw. gibt es ja nicht.

Lieber Mütterlein! Aus Deinen Briefen sehe ich, daß Du Dir Sorge um mich machst. Das darfst Du nicht. Uns geht es den Verhältnissen nach noch immer gut. Wir sind alles Kölner, und die verlieren nie den Humor. Zudem habe ich immer noch die Hoffnung, daß ich bald wieder bei Dir bin.

Wie ich Dir schon schrieb, hören wir hier garnichts, schadet nichts, dann gibt es auch keine dummen Parolen. Hier laufen nämlich die tollsten Gerüchte.

Genug von mir, ich bin gesund und munter, ab und zu ein wenig Zahnweh. Liebe Mutter, wie geht es Dir? Bleibe Du mir nur gesund. Klein Hanni tröstet Dich, so ein kleines Menschenkind fühlt doch schon sehr fein. Hoffentlich werden Deine Kranken da bald alle gesund. Was hat denn Fräulein Marga gemacht? Ist Sie schon bei Dir? Herr Bartz ist doch noch immer derselbe! Ich glaube der nähme uns morgen schon mit offenen Händen auf wenn wir das einmal nötig hätten. Wenn Fräulein Marga zu Dir kommt, bist Du auch nicht so allein, dann kommst Du auf andere Gedanken. Ja alles ist von Hause fort. Vorige Woche traf ich Hermann Punsmann. Der hatte Spaß. Sah schlecht aus der arme Kerl. Ich habe heute auch Herrn Kirste geschrieben. Das Vorexamen ist ja schon vorüber, jetzt hätte ich das Ziel auch

schon erreicht. Na, ich denke ich kann das sofort erledigen, wenn ich erst mal zu Hause bin. Urlaub hatte ich eingereicht aber nicht bewilligt bekommen.

Ich bin einmal gespannt wer es alles gemacht hat und ob einer durchgefallen ist. Für Deine Bemühungen, die Du mit meinem Herbarium usw. gehabt hast, muß ich Dir noch besonders danken. Ich werde jetzt auch mal Heinrich, Tante Stina und Oma schreiben. Ich habe jetzt mehr Zeit. Ich reite viel, das ist der schönste Dienst.

Du schreibst in Deinem lieben Brief von körperlichen und seelischen Gefahren. Mach Dir doch keine Sorgen, liebes Mütterlein. Hier wird noch nicht geschossen und Teufel laufen hier nun auch nicht gerade herum. Ich bin nicht der einzigste, der vom Mütterlein eine Muttergottes Medaille mitbekam. Wenn wir auch rauhe Gesellen sind, und gerade die Artilleristen sind dafür bekannt, das Höchste ist auch uns heilig. Und meine Kinderstube werde ich nie verleugnen.

Liebes Mütterlein, gerade wenn ich so weit von der Kirche bin, und ich Sonntags nicht zur Kirche komme, dann vermisse ich das und dann kann ich viel andächtiger Beten. Ich fühle, daß Du und die anderen Lieben für mich beten. Ich bete für Dich. Für heute habe ich wohl genug mit Dir geplaudert, hoffentlich kann ich es bald wieder mündlich.

Viele herzliche Grüße
an alle Lieben.

Dich küßt und grüßt
Dein Junge.