Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 20. Mai 1943

Köln-Dellbrück, 20. Mai 1943

Mein lieber Rudolf!

Nun habe ich endlich nach langem Warten Deinen lieben Brief vom 16.5. (Muttertag) erhalten. Dein letzter Brief war vom 9.5. Ich hatte mich schon aufgeregt, weil doch dort die Unruhen waren. Am Dienstag kam ein zerfetzter Karton mit einigen trockenen Stielen von Tulpen an. Auch einige Blumenblätter lagen dazwischen. Schade. – Nun bin ich beruhigt. Gott sei Dank! Es wäre ja zu schön, wenn Du für einen Tag vorbei kommen könntest. Wie würde ich mich freuen. Ich habe eine Bitte, Rudolf. Könntest Du, bevor Du abreist, mir nicht noch ½ Pfund Butter schicken. Ich soll gut + fett essen. Man kann doch nichts bekommen. Es ist ja grade die schlimmste Zeit, wenig Gemüse, noch kein Obst. Für Kranke ist es schlimm. Am besten versorgt mich Tante Finchen. Wie soll ich ihr das gutmachen. – Eben war der Arzt hier, er ist zufrieden. Täglich stehe ich ein paar Stunden auf, d. h. ich lege mich vorn im Zimmer in die Sonne in den Liegestuhl. Gestern war Fr. Plantz hier. Richard heiratet schon in den nächsten Wochen. Ich lege Dir die Anzeige bei. Der junge Ehemann ist vorgestern abgereist. Sie hatten eine Hochzeitsreise an den Bodensee gemacht. Mir schickten sie vorige Woche durch Fr. Lingens 10 schöne Rosen. Hier in der Maar ist vor einigen Nächten eine Luftmine gefallen, ich hatte Angst, ich konnte doch nicht aufstehen. Johanna macht die Wohnung sauber, ich soll schön grüßen. Sonntag waren die Eschweiler hier,

mit Bernhard. Am meisten kommt Agnes Böhner mich besuchen. Im Garten steht alles so schön, es gibt viel Obst.

Nun wünschte ich, Du kämest mal, das wäre mir der allerliebste Besuch. Ich hoffe mal drauf am Sonntag. Ja?

Also alles Gute mein Junge + herzlichen Gruß + Kuß
von
Deiner Mutter