Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 28. November 1940

Berg.-Gladbach, 28.11.40.

Mein lieber Rudolf!

Während des Fliegeralarms, es ist der 4te seit gestern um diese Zeit, mache ich Dir Dein Nikolauspäckchen zurecht. Möge es gut in Deinen Besitz kommen, und laß Dir die paar Sachen gut schmecken. Viel kann ich Dir ja nicht schicken. Ich dachte, das Quartett wäre etwas für die langen Abende. Solltest Du es nicht gebrauchen, schenke es der Gerd. Wenn sie auch nicht Deutsch liest, so kann sie die Bilder doch kennen lernen und dann damit spielen. Ihr habt des Abends doch wenigstens Ruhe. Hier ist es seit einigen Tagen nicht mehr schön. Der Engl. wird so frech! Die letzte, ganze Nacht hat er uns wach gehalten. Das scheint ein schlimmer Winter zu werden, den wir vielleicht in unserem Leben nicht vergessen werden. Ob es der letzte Kriegswinter ist, wer weiß? Doch nun genug von unsern Sorgen. Wie geht es Dir? Hast Du guten Mut? Wann fängt denn in Norwegen das Julfest an? Machen sie schon Vorbereitungen? Schenkt man sich gegenseitig auch etwas? Na, so Gott will, wirst Du mir das ja alles erzählen können, wenn Du kommst! Denke Dir, der Richard ist schon wieder für drei Wochen hier in Urlaub. Der soll aber ja nichts sagen! Er wäre dünner ge-

worden. Er hat es ja überhaupt schlimm. Er hat Angst von seinem guten Posten weg zu kommen. Na, ich kann ihn alles Gute gönnen. Er wäre sehr wenig zu Hause, meist schliefe er in Köln bei Bekannten, weil er wegen des Fliegeralarms nicht nach Hause kann. Nun muß ich Dir noch etwas mitteilen. T. Stina will ihr Haus verkaufen, und möglichst eins in Gladbach kaufen, um später den kleinen Fritz zu sich zu nehmen. Onkel Arnold läßt auch schon mit sich darüber reden. Das Haus wäre ja doch so unruhig und auf die Dauer hätten Bäumers es auch allein nötig. Ob die es nehmen? Das geht ja alles nicht so rasch! Ich werde mich mal umsehen hier, event. auch für uns. Aber erst überlege ich noch mit Dir, mein Junge. Ich freue mich nun doch sehr auf Dein Kommen, wenn es auch noch etwas dauert! Also, Rudolf, lebe wohl, bleibe gesund + laß Dir’s schmecken.

Ich grüße Dich von ganzem Herzen in alter, treuer Liebe + gebe Dir einen festen Kuß
Deine
Dichl. Mutter.

Schönen Gruß an Familie Lindh + ganz besonders an Gerd!