Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 22. März 1942

O.-U. den 22.III.42

Mein liebes Mütterlein!

Lange, bereits über eine Woche, bin ich ohne Nachricht von Dir. Wir bekommen augenblicklich überhaupt keinen Post, es macht bald keinen Spaß mehr. Trotzdem hoffe ich, daß es Dir gut geht. Ich weiß, es liegt nicht an Dir sondern Schuld hat die Eisbarriere in der Ostsee. Bald wird dieses Hindernis aber auch überwunden sein, denn einmal wird der Frühling doch kommen. Hier sieht es zwar noch nicht darnach aus. Heute schneit es mal wieder, morgen ist sicher Tauwetter, und übermorgen wird es frieren. Solchen Temperaturwechsel sind wir gewöhnt, das ist hier Frühling.

Wir haben eine arbeitsreiche Woche hinter uns, Übungen und Besichtigung liegen hinter uns. Letztere ist nicht zu unserer Zufriedenheit ausgefallen, denn der Kommandeur war schlechter Laune. Wir sind ja alte Soldaten, Zigarren können wir vertragen, Hauptsache wir selbst sind mit der geleisteten Arbeit zufrieden. Wir haben ganz toll arbeiten müssen, bei einer Schneetiefe von 1-1 ½ m kannst Du Dir das vorstellen.

Gestern war ich im Kino, ich habe den Gasmann gesehen. Eine schöne Erinnerung an den N.D. und unseren Schülerchor war das Konzert des a capella Chores der staatl. Musikhochschule Berlin. Lieder wie „Der Jäger aus Kurpfalz, ein Jäger längs den Weiher ging, die Leinenweber usw.“ kamen in ausgezeichneter

Dynamik und Chordisziplin zum Vortrag. Auch der Abend an dem die Sänger unsere Gäste im Kasino waren war gemütlich und nett, auch da wurden fleißig Rundgesänge gesungen.

Gesund bin ich noch und auch in jeder Beziehung zufrieden. Ich bin auf der Suche nach gutem Stoff, wenn ich Wolle bekommen kann, schicke ich Dir sofort welche.

Was machst nun Du? Hast Du das Bord bekommen, sind meine Päckchen angekommen? In Deinem letzten Brief schreibst Du, daß Du Nachricht von Heinrich hast, was schreibt er denn? Wie geht es den Verwandten und Bekannten? Du schreibst bald! Ich freue mich auf Deinen nächsten Brief.

Viele liebe und herzliche Grüße
und einen festen Kuß
sendet Dir
Dein großer Junge.