Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 21. November 1940

Berg.-Gladbach, 21. Nov. 40.

Mein lieber Rudolf!

Heute erhielt ich 2 liebe Briefe von Dir, vom 14. und 16.11. Herzlichen Dank dafür. Ich denke, daß Du nun aber Post von mir bekommen hast, damit Du aus der Unruhe herauskommst. Das kommt daher, daß ich die Briefe an die andere Feldpostnummer geschickt hatte. 2 habe ich ja zurückbekommen, die ich ja sofort zurücksandte. Gottlob, ich bin noch gesund + wohlauf, trotz des Engländers. Man hofft ja, daß er so langsam klein wird. Die Schläge muß er doch spüren. Ob’s noch Frühjahr darüber wird, wer weiß es? –

Ich freue mich, zu hören, daß es Dir gut geht. Du meinst ich hätte keine Arbeit. Augenblicklich habe ich 19 Dtzd zu Hause. Natürlich eilig ist es nicht. Es ist viel Exportware dabei. Das Verdienst ist natürlich nicht, wie in normalen Zeiten. 30 Mk ist jetzt viel. Gewöhnlich sind es so um 25 Rmk herum. Anschaffen kann ich nicht viel. Kleinigkeiten! Aber jetzt bei der Unruhe des Nachts kann man auch nicht so intensiv arbeiten. Mit dem Umzug, das geht nun nicht so schnell. Das will alles gut überlegt sein. Da muß ich mit Dir erst noch mal überlegen. Da muß ich mich vorher noch um

Vieles erkundigen. Auch bekommt man ja jetzt keine Wohnung. Also vorläufig ist das noch nichts. Wie ist es nun mit Deinem Urlaub. Vor Weihnachten ist es wohl nichts. Und das Julfest willst Du sicher dort feiern. Mir ist es auch recht nach Weihnachten, dann ist der Winter schon zum Teil herum, dann hat man nicht noch so alles vor sich. Und vielleicht kommen die Engländer dann nicht mehr so oft! Das ist der größte Wunsch, den wir alle haben. – In der Familie ist alles beim Alten. Tante Marie fällt es auch sehr schwer, des Nachts immer in den Keller zu kriechen. Es ist schlimm für alle Leute. Überhaupt der Luftkrieg gegen die Zivilbevölkerung. Möge unser Herr-Gott uns allen beistehen. Nun will ich schließen. Mit dem Wunsche, daß es Dir weiterhin gut gehen möge, grüßt + küsst Dich recht herzlich
Deine
Dich l. Mutter.