Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 25. Januar 1942

Zu Hause am 25. Jan. 42

Mein lieber Junge!

Es ist Sonntag-Abend. Ich habe alles zugemacht + in der kleinen Küche warm geheizt. Eben bin ich von einem kleinen Spaziergang nach Hause gekommen. Ich war zu Oma + Joh., Hanni war heute Mittag hier, ich habe sie nach Hause gebracht und bin auf Umwegen hierher zurück gekommen. Das war heute sehr beschwerlich, denn seit 2 Tagen schneit es. So viel Schnee, wie heute liegt, habe ich hier noch nicht erlebt! Feiner, leichter Pulverschnee. Heute früh konnte keine Bahn fahren. Vor unserer Haustür lag der Schnee so hoch, wie der Tritt ist. Es sieht ja herrlich aus, aber es stockt alles dadurch. Man weiß nicht von einer Straßenseite zur andern zu kommen. Der russische Winter ist auch zu uns gekommen. Heute Abend knirscht der Schnee ordentlich. Wird das ein Wasser werden. Heute früh um 8 Uhr war die Kirche fast leer. Oma ist nicht zur Kirche gegangen. Es war ohne Schneeschuhe fast

unmöglich. Das wird ja noch allerlei Stockungen in den Zufuhren vom Brand, Kartoffeln, Gemüse u.s.w im Gefolge haben. Aber, wir ändern nichts daran. Gesundheitlich geht es mir gut, ich hoffe dasselbe von Dir. Da hast Du ja die arbeitsreiche Woche hinter Dir. Übrigens noch schönen Dank für Deinen lieben Brief vom 18.I. Brauchst Du nur eine Woche zu vertreten? Hat es geklappt. Du lernst ja alles. –

Neues gibt es hier auch nicht! Heinrich hat noch nicht geschrieben. Die alte Frau Keppel ist auch gestorben. Dann ist der Sohn von Faßbender, neben Tante Marie, der Friseur, gefallen. Nun hat er auch so lange gelernt. Die armen Soldaten in Rußland, bei 41° mußten sie kämpfen. Vorgestern waren es hier in den frühen Morgenstunden 22°. Jetzt ist es etwas milder, aber noch kalt. Ich will gleich mal rauf zu Jansen’s gehen, Radio hören. Gestern war ja eine stolze Sondermeldung: Schiffe versenkt vor der nordamerikanischen Küste. Mit Gottes Hülfe werden wir wohl Sieger über alle Feine werden. Gott befohlen, mein Junge!

Herzlichst grüßt + küsst Dich
Deine Mutter.

Du schreibst in Deinem letzten Briefe von dem herrlichen Nordlicht. Ja, das möchte ich wohl auch einmal sehen!