Anna Schmitz an Sohn Rudolf, 27. Juni 1937

Köln – Dellbrück, 27. Juni 37.

Mein lieber Rudolf!

Erst heute, am Sonntag habe ich Zeit, Dir für Deinen lieben, langersehnten Brief zu denken. Ich habe auch eine stramme Woche hinter mir. Wir arbeiten für den Ausverkauf. Ich bin froh, dass ich diese Woche wieder mal etwas verdient habe, nach all den stillen Wochen. Nur noch die kommende Woche, dann bekomme ich Urlaub. Ich nehme mir nur 14 Tage. Mehr kann ich mir nicht leisten. Es gibt jetzt allerlei für Dich anzuschaffen. – Wie ich mich über Deinen lieben Brief gefreut habe, kann ich Dir nicht sagen. Und wie froh bin ich erst, daß Du gesund bist. Gott sei Dank, es ist ja nicht mehr so heiß. Ich habe soviel an Dich gedacht! Dann sind die Strapazen doppelt schlimm. Gott sei Lob + Dank, wenn alles gut überstanden ist. Allerdings habt ihr ja noch stramme Wochen vor euch. Wie freue ich mich, dass wir uns bald mal sehen. Bekommst Du nun keinen Urlaub, dann besuche ich Dich in Bensberg + auch in Wahn. Schöner ist es natürlich, wenn Du nach Hause kommen kannst! Dann haben wir Beide mehr davon, und dann ist es auch gemütlicher. Hoffentlich klappt es! Das wäre heute in 14 Tagen. Die gehen schnell herum. Mußt Du nun auch noch ins Manöver nach der Übung? Heinrich kam gestern eben um 1 Uhr auf Urlaub. Er hat feine Tage in Wahn, fast nur Unterricht. Er ist bei lauter alten Leuten. Onkel Willi wird dagegen ordentlich herumgeholt. Er war vorigen Sonntag auf Urlaub. Tante Stina erzählte, er wäre noch nie so klein gewesen, zu müde zum Trinken. Na, Dir wird ja auch nichts geschenkt. Also, Du wirst dann Bartz nicht mehr antreffen. Sie bedauern es sehr. Es ist schade. Ein paar Tage früher. Frl. Marga ist nun weg mit ihren

Sachen. Ich habe von Bartz die Badewanne gekauft, auch den großen Tisch aus der Waschküche und noch verschiedenes. Also ich kempele nur das Schlafzimmer um vorläufig. Mal sehen, wie alles wird. O. Fritz aus H. schrieb, Fritz wäre vom 1. 4. rückwirkend schon Gefreiter. Das geht bei dem aber fix. – Hier in Dellbrück fangen sie an, Kasernen zu bauen. Oben auf dem Gebäude von der Schule bis hin zum Baggerfeld. Das ist nicht schön für Dellbrück! Frau Plantz schrieb mir aus Höningen, ich solle kommen, mindestens 3 Wochen müßte ich nehmen. Was die sich denkt! Ich werde kaum ein paar Tage weg können. Ich wäre ja gerne ein paar Tage nach Godesberg gefahren. Gut täte es mir ja mal. Aber das Geld! Bartz haben’s jetzt. Aber es fällt nichts ab. Von Samstag bis Dienstag wohnen sie bei mir. Mittwoch kommen dann eben Jansens. Es wird mir komisch sein. Die Frau ist mir unsympatisch! Na, hoffentlich wird alles gut! Gestern habe ich eben eingemacht. Stachelbeeren, Erdbeeren + Aprikosen, im ganzen 11 Gläser. Ich muß jetzt für den Winter sorgen, so Gott will bist Du dann da. Das ist doch etwas Anderes, als immer allein. Bald hat auch Heinz Linden Namenstag, 14. Juli. Schreib ihm mal. Und bei Heinz Steimels mußt Du Dich bedanken für die Schokolade. Allerdings ist sie jetzt aufgegessen. Du bekommst aber neue. Denk mal daran. Hast Du H. Kirste geschrieben? Soll ich mal zum Herrn Schulz gehen + fragen für Deinen Anzug? Sollen wir bei dem bleiben? Hier in der Gemarkenstraße ist ja auch der H. Keuter. Was meinst Du? – Von unsern Verwandten kann ich Dir berichten, dass Alle gesund sind. Tante Marie wird jetzt 75 Jahre alt! Ein schönes Alter. Gestern + heute ist in Köln Kreisparteitag! Viel Trubel! So, nun weiß ich nichts mehr. Bleibe gesund, freue Dich auf den Urlaub, denke an Vater + Mutter. Empfange viele liebe Grüße + einen Kuß

von Deiner Mutter