Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 28. Februar 1937

Iserlohn, den 28. II. 1937

Liebe Mutter!

Heute, Sonntag, den 28. des Monats, des letzten Februartages komme ich erst wieder zum Schreiben. Ich kann Dir mitteilen, dass ich gut und besonders schnell in der Kaserne war. Heute erhielt ich Deinen lieben Sonntagsgruß. Herzlichen Dank für Deine frohen und zufriedenen Zeilen.

Du glaubst nicht wie froh ich seit den kurzen Urlaubsstunden bin! Ja, jetzt habe ich Gewissheit! Mein Ziel liegt jetzt klar vor mir. Mit Gottes Hilfe werde ich es auch erreichen. Täglich denke ich an Dich liebstes Mütterchen und bete für Dich. Ich bitte den lieben Gott, dass er Dich mir erhält. Wenn ich auch nicht mehr so jung bin, ich habe Dich immer noch nötig. Aber diese Unselbständigkeit macht mich gerade froh. Ich bin doch so gern in Deiner Obhut, und ich weiß mich so gern von Dir umsorgt und gepflegt. Hoffentlich kann ich Dir Deine Sorgen einmal abnehmen und wieder etwas gut machen, was Du an mir getan hast. Ich bin Dir dankbar, glaube mir. Ich will jetzt mit Lust und Liebe, mit Mut und Selbstvertrauen mich an meine Arbeit gehen. Enttäuschungen, wie Du sie während meiner Schulzeit erlebt hast, sollen Dir nicht mehr bereitet werden. Ich will fleißig sein. Du sollst nicht mehr betrübt werden, und ich darf

 

Viele liebe Grüße und einen Kuß von      
Deinem Jungen

mich nicht blamieren. Dr. Weber hat mir so großes Vertrauen geschenkt. Ihn darf ich doch nicht enttäuschen! Ich hatte im Laufe der Woche schon an Tante Finchen gedacht. Daß es so schlimm mit ihr gestanden hatte, hätte ich nicht gedacht. Ich will auch an sie denken. Hat sie denn ein schwaches Herz? Die Operation ist also gut verlaufen? Onkel Georg ist sicher in Sorge? Was macht Willi eigentlich. Montag u. Diensttag habe ich ihn gar nicht gesehen.

Dann wirst Du morgen die neue Maschine bekommen? Ich bin gespannt. Ich freue mich. Du brauchst Dich doch nicht mehr so abzurackern.

Am Mittwoch kommt Heinrich. Er, seine Frau und die beiden Racker werden sich freuen. Johanna trifft sicher schon Vorbereitungen.

Vielen Dank für die lieben Grüße von der kleinen Hanna. Bald schreibe ich einmal mehr. Es geht zum Essen.

Übrigens ich habe diese Woche Glück im Unglück gehabt. Am Mittwoch war Übung. Ich war als Scherenfernrohr… eingeteilt. Hatte ein tolles Pferd. Es ging mit mir durch. Auf dem Glatteis, dazu hatte es noch eine 1 ½ m lange Senderhülle zwischen den Beinen baumeln. Ich dachte ich hätte den Hals gebrochen.

Am Donnerstag war ich mit 2 Ankäufern in der Schmiede. Beide schlugen wie toll Mir brachten sie eine Fleischwunde am Oberschenkel bei. Ein Hufnagel verletzte mich. Im Revier erhielt ich eine Tetanusspritze gegen Wundstarrkrampf. Jetzt muß ich 30 Jahre an diese Spritz denken. Während dieser Zeit darf ich die gleiche Spritze nicht mehr bekommen. Sie könnte tödlich wirken.