Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 13. Juni 1942

O.-U. den 13.VI.42

Mein liebes Mütterlein!

Meinen heutigen Brief möchte ich damit beginnen unserem Herrgott für seinen Schutz, den Er Dir angedeihen ließ, zu danken und Dir zu versichern, daß ich für Dich beten werde und mit jeder Faser meines Herzens Alles Gute, Gottes Segen und Ruhe wünsche. Du glaubst garnicht wie sehr ich auf Deine Nachricht vom 31. gewartet habe, ich war in Unruhe und Sorge wie noch nie. Die Rundfunkmeldung, dann die Zeitungsberichte und nachher die Erzählungen von zurückkehrenden Urlaubern malten die schlimmsten Bilder, man konnte ahnen, daß Köln noch nie solch heftigen Angriff hatte. Unser liebes, schönes, altes Köln! 305 Todesopfer sind ein schrecklicher Sieg der Tommys. Wer das zu verantworten hat! Der Tommy wird es heimgezahlt bekommen! Armes England! Die graben ihr eigenes Grab.

Wir hier draußen achten und ehren Eure Opfer, die Ihr für unsere heilige Sache bringt, achten und ehren Euren Mut, mit dem Ihr das Alles tragt. Mutlos dürft Ihr nicht werden, Kopf hoch – es kommt auch einmal der Friede, vielleicht doch noch eher als man annehmen möchte.

Du wirst sagen – „ja ihr habt gut reden“, liebes Mütterlein, wir fühlen mit Euch, wir kennen Euer Leiden, Eure Sorgen, Aber Ihr und wir müssen durchhalten, ein Zurück gibt es nicht. Mit Vertrauen wollen wir auf den Führer sehen, der uns ein einfaches, verantwortungsfreudiges, mutiges und siegessicheres Leben vorlebt, der die Schwere der Zeit sieht wie kein zweiter, der uns in eine bessere Zukunft in einen langen, gesegneten Frieden führen will und wird! Wir wollen für ihn im Gebet bitten!

Wie froh ich bin, daß Du wohlbehalten bist, dazu noch unser Heim unversehrt ist, kann ich Dir garnicht sagen. Ich freue mich auf meinen Urlaub wie ich mich noch nie gefreut habe. Ich denke im August zu kommen, d. h. wenn nichts dazwischen kommt. Vorläufig, d. h. wahrscheinlich immer, ändert sich hier nichts, wir sind auf dem toten Gleis.

Vorgestern und heute bekam ich von Heinrich Post, einmal aus einem Lazarett bei Brjiansk, den zweiten Brief aus Warschau, jetzt wird er wohl schon wieder im Reich sein. Nein, Menschenskind, hat der Glück beim Unglück! Hat er Euch geschrieben wie es sich ereignet hat? Mir schilderte er den Vorgang genau, ebenfalls die Art der Verwundung. Ich fürchte für seinen Fuß bzw. sein Bein! Beide Daumen drücke ich ihm, damit er Fuß und Bein wieder bewegen kann.

Ich muß mich über seine Gefaßtheit und seinen Mut und sein Vertrauen wundern. Ich bewundere seine Zufriedenheit! Er freut sich auf seine Rückkehr in’s Reich. Wird Johanna Freude haben! Oma wird nun ja ruhiger werden, denn für Heinrich ist der Krieg aus. Hoffentlich lernt er wieder gehen!

Wie geht es Dir, mein Liebes? Bist Du nun wieder ruhiger, was macht das Rheuma? Habt Ihr immer noch schlechtes Wetter? Schreib‘ mir bitte mehr von Deinem Alltag, mich interessiert das doch Alles!

Um mich brauchst Du Dich nicht zu sorgen. Gesundheitlich geht es mir gut, Laune und Stimmung ist ebenfalls gut, man muß sich mit dem Gegebenen abfinden, und daß ich das kann weißt Du! Ich habe viel zu tuen, bin 2-3 Tage in der Woche auf Dienstreise, das macht bei diesem schönen Wetter Laune und Spaß. Von Gol kann ich Dir nur Gutes berichten, die leben wie im Paradies so still und friedlich. Ich soll Dich vielmals grüßen, besonders von dem kleinen Mädchen, Gerd.

Ich werde mir nochmals eine Bescheinigung holen um in den Besitz der Reichskleider zu kommen. Ich glaube ich lasse sie zu mir schicken, denn bei der Reichskleiderkasse in Oslo gibt es noch gute Sachen zu kaufen, besonders an Wäsche.

In Köln wird doch sicher bald nur noch an Fliegergeschädigte verkauft werden können.

Übrigens, hast Du Zimmer abtreten müssen? Vielleicht ist es gut, wenn Du Gesellschaft bekommst! Wie ist das Verhältnis zu Jansens? Was gibt es in Dellbrück für Neuigkeiten?

Du schreibst doch bald, ich werde versuchen auch mehr zu schreiben! Was macht der kleine Fritz, wie geht es bei Schlössers und bei Nußbaums? Wie erträgt Tante Marie die Luftangriffe?

Morgen, Sonntag, haben wir Sportfest, wir hoffen schönes Wetter zu bekommen, dann wird es fein. Rgt’s Kapelle, spannende Läufe und Staffeln usw. Ich freue mich darauf, Sport ist unsere Abwechslung und unser bester Überwinder der Langeweile.

Nun mache ich Schluß, bis bald!

Herzlichst grüßt und küßt
Dich
Dein Junge.