Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 27. Januar 1941

Berg.-Gladbach, 27.1.41.

Mein lieber Rudolf!

Nun ist heute der 27. Januar, noch ein paar Tage, und der erste Monat des neuen Jahres ist herum. Und noch immer warte ich vergebens auf Dich. Gestern, am Samstag, war ich den ganzen Tag zu Hause, weil Jansens nicht da waren, und Du solltest nicht vor verschlossene Tür kommen. Auch bekomme ich in letzter Zeit so wenig Post. Dein letzter Brief ist vom 15.1. Inzwischen hast Du doch sicher schon mal geschrieben. Es kommt vielleicht auch Stockung in der Post durch Kälte + Schnee. Ist es noch unverändert kalt? Sei nur vorsichtig + pack‘ Dich gut ein. Wann wird Dein Urlaub nun beginnen? Sind die Kameraden bald zurück? Andere, die dort in Norwegen sind, rechnen schon bald mit dem zweiten Urlaub! Ich hoffe, daß Du vor allen Dingen gesund bist, damit Du die Reise unternehmen kannst. Das Warten macht mich langsam nervös. Jeden und jeden Tag, ja jede Stunde warte ich auf Dich! –

Sonst geht es mir gut! Es ist nach ein paar milden Tagen wieder kalt geworden. – Heute hörte ich, daß T. Finchen Berta’s kleinen Fritz in Pflege nimmt. Dann hat sie in etwa Ersatz für den Willli, wenn er geht! Es ist ja viel Arbeit. Aber sie ist ja Herr in ihrem Haus + braucht sich nach niemand zu richten. Augenblicklich ist der Kleine in der Lindenburg. Dann hata Berta ihn jetzt in der Nähe.

Onkel Arnold hatte Grippe, er ist noch immer muksig. Auch eine Aufgabe mit solch‘ unzufriedenem Menschen zusammen zu leben. Na, jeder hat etwas. Ich habe das Los, immer allein zu sein. Wie mag es unserem Vater gehen? Er wird auch alt + eigen sein, wo auch er immer allein ist. Ja, im vorigen Krieg, da war man noch jung und voller Hoffnung. Und heute? ---- Aber, ich bin zufrieden. Wie Gott es will. – Nun mein Kind, hoffe ich, Dich doch bald hier zu haben. Also wir wollen sagen, Auf baldiges Wiedersehen. Herzlichst grüßt + küsst Dich
Deine
tr. Mutter.