Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 19. Mai 1940

Sonntag, den 19.V.40

Mein liebes Mütterlein!

Der Mai geht langsam zu Ende. Der schönste Monat im Jahr ist wieder kalt geworden. Der heutige Sonntag ist recht unfreundlich. Mir geht es weiterhin recht gut. Das ist nun alles, was ich Dir mitteilen kann. Lieber wäre mir, wenn ich Dir aus Frankreich schreiben könnte. Warum stehen wir nur noch hier. Es ist zum verzweifeln. Ein solcher Krieg geht selbst mir auf die Nerven.

Nun liebes Mütterlein, wie geht es Dir? Bist Du gesund? Mach Dir nur nicht zuviel Sorge und Angst! Die englischen Flieger sind doch

schlechte Bombenschützen. Ich kann mir ja vorstellen, daß Ihr nervös werdet aber Ihr müßt Euch daran gewöhnen. Diese feigen Teufel kommen wohl immer nachts? Haben sie in Köln schon Schaden angerichtet? Kameraden d. h. die Urlauber erzählen so manches. Ihr seid ja in guter Hut beim Fliegerhorst. Unsere Staffeln werden die Lumpen schon verjagen. Trotzdem sorge ich mich um Dich um Euch alle, um Margret. Letztere schrieb mir einen lieben Pfingstgruß und eine Karte aus Bonn. Trotz allem ist sie mutig und froh. Auch Du mußt das bleiben. Ihre Schwester Hanna hatte auch einen Gruß untergeschrieben.

Ich erwarte nun sehnlichst einen Brief von Dir. Am 8. d. Monats habe ich das Letzte von Dir gehört. Schreib‘ bitte bald und wenn möglich häufiger, besonders jetzt. Ich bin so in Sorge!

Was gibt es denn sonst Neues? In Dellbrück viele Neuigkeiten? Jetzt werde ich auch Berta einmal schreiben! Sie ist jetzt ganz besonders schlimm dran. Hat sie noch Courage? Was macht Oma? Wie geht es ihren kleinen Lieblingen? Sind sie wieder gesund? Bald schreibst Du wieder!

Nun mein liebes Mütterlein, wünsche ich Dir alles, alles Gute. Bleib gesund und bleib froh und mutig. Der Herrgott hilft.

Gruß und Kuß Dein Junge.