Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 19. November 1940

Berg.-Gladbach, 19.11.40.

Mein lieber, lieber Junge!

Zwei liebe Briefe bekam ich von Dir, vom 9.11. + 10.11. Ich danke Dir recht schön dafür. Und zwei schöne Karten lagen bei, die ich zu den andern, schönen Aufnahmen legte. Das gibt mal ein schönes Album. Für Deine lieben, guten Wünsche danke ich Dir recht, recht herzlich. Ja, der Advent naht. Ich werde ihn nicht so traulich erleben, dafür sorgt der Engländer. Ob es im nächsten Jahr anders ist. Richard meint ja, er müßte den feldgrauen Rock noch 1 bis 2 Jahre tragen. Ich hoffe + glaube es ja nicht. Ja, jedenfalls, wir müssen abwarten, wir wollen aber nicht zu schwarz in die Zukunft sehen. Der alte Gott lebt noch, er wird dem Führer Rat + Hilfe sein, dafür wollen wir beten, und um ein baldiges, siegreiches Ende. – Wie ich den Sonntag verlebt habe, schrieb ich Dir ja schon. Heute hat Elli Namenstag. Natürlich geht sie noch zum Radium, wovon will sie sonst leben. Unterstützung bekommt sie keine. Heinrich geht es noch gut und seinen Trabanten auch. Daß es Dir gut geht, höre ich gern. Auch mir fliegt die Zeit herum. Es ist auch gut, jeder Tag bringt uns dem Frieden näher, den man mit aller Macht ersehnt! Da hast Du also schon Deine Weihnachtseinkäufe ge-

macht. Etwas habe ich auch schon. Für Hanni, Liesel, Jübschen + Willi + Oma. Oma geht es noch gut. Sie sorgt sich, wie immer, um alle. Heute war mildes, dunkles Wetter. Von Helmut Riese soll ich Dich grüßen, er ist ein großer Kerl geworden. Heute habe ich viel Arbeit mit nach Hause gebracht, 19 Dtzd. Viel Export! Frau Plantz war da, sie brachte ein paar Plätzchen mit von Frau Kain und von sich von vorigem Jahr. Ich soll sie Dir schicken. Aber es ist nicht der Mühe wert. Ich sehe mal zu. Bäckt man in Norwegen auch zu Weihnachen? Und was? Kuchen? Was ist das, was Du schreibst, ein Jultree? Erzähl mir mal! – Berta möchte ihr Kindchen gerne irgendwo in Pflege geben, Tante Stina war bei mir. Ich habe mal bei T. Finchen angefragt. Sie will O. Georg mal fragen. T. Stina hatte schon an mich gedacht. 40 Mk. monatlich, wenn ich es nähme würde sie noch mehr geben, weil ich ja dann nicht mehr so viel nähen könnte. Dann müßte ich aber eine andere Wohnung haben. Mal überlegen. T. Stina will ja das Haus verkaufen demnächst, und dann das Kind zu sich nehmen, aber nicht in Dellbrück! Das geht nur alles nicht so rasch! Das will alles überlegt sein. Mal sehen, wie es wird. Wie denkst Du darüber? Schreibe mal. –

Nun gute Nacht, mein Junge. Sei recht vielmals gegrüßt + herzlich geküsst von
Deiner tr. Mutter.