Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 15. August 1940

Köln-Dellbrück, 15.8.40

Mein lieber Rudolf!

Nun wird es aber Zeit, daß ich Dir schreibe. Heute ist einigermaßen helles Wetter. Die ganze Woche war es so trüb + regnerisch + kühl, daß die Stimmung auch dementsprechend war, und da wollte ich nicht schreiben. Nun, wie geht es Dir? Wenn Du diesen Brief erhältst, bist Du sicher wieder bei Deiner alten Batterie? War’s schön? Bist Du gesund? Wie ist dort das Wetter? Auch schon kühl? Solch einen kühlen + nassen Sommer haben wir seit Jahren nicht gehabt. Man hat so wenig sich sonnen können, das ist nicht gut vor dem Winter. Ich werde wohl Ende des Monats meine Ferien nehmen, hoffentlich ist es dann noch etwas schön. Hätte ich nur jemand der mit mir wanderte!

Für Deinen lieben Brief vom 7.VIII. danke ich Dir recht herzlich! Du schreibst, Du bist traurig darüber daß Margret aus einer gewissen Reserviertheit nicht heraus kommt! Ich kann das verstehen. Es ist für sie ja auch eine ungewisse Sache. Sieh mal, Du bist noch nichts, sie weiß doch, daß Du noch manches Jahr studieren mußt. Vielleicht, vielleicht ist es auch bei ihr noch nicht die große Liebe? Vielleicht hält sie sich bewußt zurück um gegebenen Falls sich mit Anstand aus der Sache heraus zu ziehen. Und Du,

Du kannst Dich + sie nicht binden. Es dauert ja alles noch so lange, bis Du mal eine Frau ernähren kannst. Ja, mein Junge, das tut mir leid, aber auch Du wirst es erfahren: „Wer lieben will muß leiden!“ Hab‘ Gottvertrauen, er macht alles wohl! Hier ist soweit alles beim Alten. Immer noch die Besuche, die uns den Schlaf rauben, nun schon 3 Monate.

Heinrich hat Ferien. Herr Lichewski ist am 1.8., nachdem er 14 Tage wieder bei seiner Truppe war, und noch kein Jahr Soldat ist, Uffz. geworden. Wie das zugeht, weiß ich auch nicht. Sonntag so Gott will, will ich mal zu Berta nach Köln + den kleinen Fritz im Kinderheim besuchen. Ein Pfund hat er zugenommen, also 6 Pfd. Sie ist so besorgt um den Kleinen. Auch T. Stina. Oma hatte Namenstag, wir haben wenig gefeiert. Elli wird wohl nach Gladbach zu den Schwiegereltern ins Haus ziehen. Die Wohnungen sind so rar. Nun will ich Schluß machen. Hab‘ guten Mut, mein Junge, alles wird gut werden! Ich grüße + küsse Dich recht, recht herzlich und bleibe Deine
tr. Mutter.