Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 31. Dezember 1940

Sylvester 1940

Mein liebes Mütterlein.

Dir, liebes Mütterlein gilt mein bester Wunsch für das kommende, das neue Jahr. Ich bin vom Kursus heute zurückgekommen. Ich bin jetzt gespannt, wie das Urteil ausgefallen ist. Hoffentlich hat es geklappt. Ich hatte kein schönes Weihnachtsfest, zum Teil habe ich auf der Bahn gelegen, anderenteils fing der Kursus mit seiner Arbeit an. Es war eine vielseitige Prüfung. Sport, Fußdienst, Kommandosprache, Erkennen von Fehlern, Überraschungsaufgaben im Gelände, Lebenslauf, persönliche Aussprache mit dem Kommandeur, selbstständige Arbeit: „Zusammenwirken der Artillerie mit der zu unterstützenden Infantrie“. Ein Vortrag vor einer viertel Stunde war zu halten. Thema: „Überlegungen bei der Auswahl von Feuerstellungen!“ Und noch einige Scherze!

Nun bin ich müde im Quartier angelangt und fand alle Deine lieben, herrlichen Weihnachtsgaben. Für Deine lieben Zeilen, für alle die

leckeren Süßigkeiten danke ich Dir. Wie soll ich das nun wieder gut machen? Du mußt Dir ja die Butter vom Munde abgespart haben! Alles ist fein und so lieb, wie Du es gepackt hattest angekommen. Nichts war zerbrochen. Auch die goldnen Weihnachtsglocken waren heil geblieben. Wunderbar schmecken die Lebkuchen, Wespenstiche und der Spekulatius. Frau Lindh soll heute Abend auch davon einmal kosten. Sie soll sehen, daß deutsche Hausfrauen auch ihr Handwerk verstehen. Heute Abend bringe ich Gerd Dein Päckchen. Sie wird sich freuen. Ich habe es so gelassen, wie Du es mit Deiner lieben Hand geschmückt hattest. Ich bin froh wieder in meiner gemütlichen Stube zu sitzen. Hier ist es frostklar, und heller Sonnenschein lacht vom Himmel. Nun denke ich bald in Urlaub zu kommen! Genaues Datum kann ich Dir noch nicht sagen. Morgen schreibe ich Dir wieder einmal einen ausführlichen Brief. Ich hoffe, daß der Engländer auch die Weihnachtstage genau so wie wir, seine Flüge eingestellt hat. Ich denke Du hast ein ruhiges Fest gehabt. Wie geht es Dir? Ist sonst noch Alles beim Alten?

Morgen mehr, vielleicht kann ich Dir dann etwas über meine Beurteilung

sagen. Viele liebe Grüße und die besten Wünsche zum „Neuen Jahr“
sendet Dir Dein Junge.