Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 20. November 1939

Köln-Dellbrück, 20. Nov. 1939.

Mein lieber, lieber Junge!

Heute erhielt ich Deinen lb. Brief vom 13.11. Es tut mir so leid, daß Du noch keine Post bekommen hast, ich habe aber regelmäßig geschrieben. Auch schickte ich Dir ein Päckchen + 2 Illustrierte. Na, vielleicht bekommst Du verschiedenes zusammen. Ich bin ja so froh, daß Du noch gesund bist in all dem schrecklichen Wetter. Gestern war es ja ganz furchtbar. Ich bin nicht raus gewesen. Regen + ein Sturm, heute steht in der Zeitung Windstärke 11. Es war unheimlich. Unsere Einquartierung hatte auch keine Lust rauszugehen. Ich habe einen älteren Mann von 36-37 Jahren, gebürtig von der Insel Rügen, wohnhaft in Jüterbog. Sehr ruhig + solid. Auch Frau Jansen hat es gut getroffen. Wie lange sie hierbleiben, wissen wir nicht. Ganz D. ist belegt. Heute ist das Wetter ja besser, es scheint kalt zu werden. Was hast Du denn am Sonntag gemacht? Könnt ihr einheizen tagsüber? In den alten Katen ist es doch sicher sehr kalt? Ja, nun kommt schon der Winter. Ich habe am Sonntag so besonders viel an Dich gedacht. Man sitzt hier warm + ihr liegt draußen. Aber man muß Mut behalten, und beten. Langsam rückt die Adventszeit heran, diese schöne, stille Zeit. Nun wird es das erste Mal sein, daß wir Weihnachten nicht zusammen feiern. Es ist bitter. Hoffentlich wird die Postverbindung bald besser. Oder es wird absichtlich festgehalten. Aber wir wollen

daß alles ein gutes Ende nimmt, und daß Ihr gesund heimkehrt und daß wir in Frieden weiterschaffen können. Der junge Mann von Fr. Jansen ist in ähnlicher Lage wie Du betreffs des Studiums. – Hier gibt es sonst nichts Neues. Elli hatte Namenstag, Josef ist ja auch wieder eingezogen. Sie wollen Kriegstrauung[?] machen, wahrscheinlich noch vor Weihnachten. Elli will nach Gladbach ziehen. Du möchte ich auch schon wohnen. Heinrich sitzt noch immer warm zu Haus.

Also nun mache ich Schluß. Bleibe gesund, ich schreibe bald wieder. Mein Kind ich denke an Dich, ich bin in Gedanken bei Dir, stets + ständig. Morgen sende ich Dir ein Päckchen.

Nun viele liebe Grüße und einen Kuß
Deine Mutter.