Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 12. April 1935

Köln-Dellbrück, 12. April 1935.

Mein lieber Junge!

Daß ich mich sehr über Deinen lb. Brief gefreut habe, brauche ich Dir wohl nicht zu sagen! Hab‘ herzlichen Dank dafür! Nun weiß ich doch schon etwas! Ja, nun haben wir schon eine Woche herum! Leider hat sich das Wetter wieder verschlechtert; aber, es muß doch Frühling werden. – Mit Interesse habe ich Deine Ausführungen betr. des Lagers gelesen! Schade, daß es mit Ostern nichts wird. Wenn Du ja an den Feiertagen einige Stunden frei hättest, und in die Stadt dürftest, käme ich mal hin. Darüber könntest Du mir ja mal Nachricht geben! – Schicke den Koffer nur per Post zurück, ordentlich verschnürt! In der Gem.-Str. ist alles in Ordnung, dort halten sie Hausputz! –

Nun eine unerfreuliche Meldung, Vater hat nichts mehr geschickt! Was sagst Du dazu? Heute hat Frl. Marga in der Eigenschaft als Fürsorgerin ohne mein Wissen hingeschrieben. Was – weiß ich nicht. Ich kann nicht schreiben. Möchtest Du nicht mal schnell hinschreiben? Anfang nächster Woche fährt er ja wohl nach Stettin! Ich möchte möglichst schnell irgend einen Bescheid! Ich muß ja

zum 15. kündigen. Dann habe ich am 1.5. schon einen Monat Miete am Bein. Ich kann die Wohnung ja nicht halten. Mit Schlößers habe ich noch nicht gesprochen. Ich bin gespannt, ob sie mich nehmen. Sonst habe ich noch allerlei Lauferei. Du kannst Dir denken, daß ich in Sorge bin. Heute ohne Arbeit nach Hause gekommen! Willst Du in diesem Sinne an Vater schreiben, lieb + höflich, nicht hart. Direkt um das Geld bitten, brauchst Du nicht! Aber ihm unsere Lage schildern. Ich jetzt allein, schon älter, nervös u.s.w. Schwer eine kleine Wohnung zu bekommen, Du noch kein Verdienst, na, Du weißt ja. Deine Adr. gib nicht an, schreib wohl, daß Du im Arbeitslager bist, aber keine Anschrift, ich möchte nicht, daß Vater Dir event. grob schreibt! Vergiß auch das Beten nicht. Ich habe Vertrauen, daß der liebe Gott uns auch jetzt hilft! Nun kommst Du dann nicht mehr in unser altes Heim. Es tut mir so leid! Wie kann Vater nur so sein? Aber auch das ist eine Prüfung! – Ich halte den Kopf hoch, es geht doch, wie Gott es will.

Also schreib mir dann noch mal kurz, erst bitte an den Vater. Dann auch wegen Ostern! – Heute habe ich Frl. Marga + Frau Barz erledigt und Elli zum Teil. Ich kaufe mir jetzt noch keinen Mantel!

Nun mein lieber Junge für Dich weiter alles, alles Gute, werde ein guter, tüchtiger Mensch! –

Viele herzliche Grüße von Fam. Barz, Oma + allen dort, von Schlößers, bes. Gruß + Kuß von
Deiner treuen Mutter.