Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 4. Oktober 1942

Sonntagmorgen, 4.10.42.

Mein Junge!

Wo soll ich nun anfangen zu danken. 3 Briefe kamen an, vom 20.9. im Päckchen, vom 23.9. + 27. + vier Päckchen. Eins mit Heringen, 2 mit Büchern, „Das Frl. auf d. Regenb., ohne Befehl + Insel im Strom, und dann ein P. mit Lachs. Für die beiden leckeren Päckchen danke ich Dir recht herzlich! Das ist etwas für Muttern. Die Heringe habe ich fertiggemacht. Den Lachs schon teilweise geschmaust. Auch habe ich etwas verteilt! Die ersten Heringe habe ich auf. Morgens zum Frühstück schon habe ich davon gegessen. Richtig mit Heißhunger habe ich sie gegessen. Du siehst also, mir geht es gut. Von Dir höre ich das auch, d bin ich zufrieden. Das Buch habe ich zu lesen angefangen. Schön, nur schade, daß es so ramponiert ist. Die Leute haben keine Kinderstube. Auch die beiden

anderen Bücher werde ich lesen. Hoffentlich kann ich die Paketkarten bald gebrauchen. Ich hörte + sah noch nichts von der Uniform. Auch andere Arbeit habe ich noch nicht gesehen, erst muß ich die Zähne in Ordnung haben. Ich denke in 4-6- Wochen.

Ja, auf Dein Urlaubsgesuch bin ich auch neugierig. Ich will garnicht daran denken, wie schön das wäre, wenn es genehmigt würde. Allerdings nach Hause würdest Du wohl nicht kommen. „Wie Gott will. Ich bin zufrieden. Gott verläßt uns nicht! Wir können ihm nur dankbar sein. Heute früh war es so festlich in der Kirche. Der Altar war mit Ähren + Obst festlich geschmückt zum Erntedankfest! Ja, von ganzem Herzen müssen wir unserm Gott dankbar sein, so reich hat er uns in diesem Jahr beschenkt. Und so herrliches Wetter auch heute wieder. Gleich gehe ich zu Oma, ich denke wir gehen etwas raus. Auch der Gang am Mittwoch nach Spitze war in dem schönen Wetter wunderbar. Ich war mit Oma + Liesel fort.

Überall noch Obst auf den Bäumen, und die Leute bei der Kartoffelernte. Abends als wir zurückgingen brannten die Kartoffelfeuer. Der Rauch hing in den Tälern es roch nach Herbst. Das „Bergische Land“ ist so schön. Ich könnte jeden Tag hingehen. Zu Deiner Beruhigung, also wir gehen wieder bei nächtlichem Alarm zur Schule, nach einer Aussprache mit H.P. Ich kann das nicht alles schreiben. Und nun zu Heinrich. Joh. ist noch da, seit vorgestern schon 14 Tage. 2 Tage, nachdem Oma + Joh. abgereist waren, haben sie ihn wieder vorgenommen. Darnach war er so schwach, daß man Joh. schrieb, sie solle sofort kommen. Nun ging es langsam etwas besser, da haben sie am vorigen Dienstag wieder operiert, darnach eine Blutübertragung gemacht, nachdem bekam er Schüttelfrost + hohes Fieber 42°. Nun warten wir voll Unruhe auf weitere Nachricht! Der arme Kerl muß viel leiden, auch für Joh. ist es eine harte Schule. Und die arme Oma. Gleich will ich hin, Elli ist auch da.

Wenn er nur durchkommt! Ich darf nicht daran denken. Wir können nur beten. – Sonst ist in der Familie alles in Ordnung! Heinr. Niedenhoff ist schwer verwundet, Quetschungen + innere Blutungen. Die armen Eltern. Ja wir müssen noch sehr zufrieden sein.

Und nun Gott befohlen. Sei herzlichst gegrüßt + geküsst von
Deiner Dichl. Mutter.