Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 12. Oktober 1941

Köln-Dellbrück, 12. Okt. 41

Mein lieber Rudolf!

Wieder ist Sonntag, und zwar ein schöner, sonniger Sonntag; wenn auch etwas kalt nach all den dunklen Regentagen. Ich sitze zu Hause, habe gekocht + etwas genäht, und nun ist Nachmittag. Elli ist heute zu Joh. + Oma, vielleicht gehe ich nachher mal hin, ich weiß noch nicht so recht! Wärst Du nur für ein paar Stunden hier, dann wäre der Tag schon ausgefüllt. Wann wird das noch einmal sein, ob wirs noch erleben. Ich habe seit ein paar Tagen gar keinen Mut. Ich glaube ich werde komisch durch das Alleinsein. Fr. Jansen ist auch so kurz angebunden. Manchmal spricht sie eine ganze Woche nicht mit mir. Mit Lingen’s ist’s ein großes Getue. Aber ich will ja auch nichts mit ihnen zu tun haben. – Dienstag der Nachmittag bei Lücker’s war sehr schön. Frau Lücker hatte fein gedeckt + leckere Waffeln gebacken. Da, in den schönen Räumen fühlte ich mich so recht wohl. Ich soll bald noch mal kommen. Dich soll ich herzlich grüßen + Dir alles Gute wünschen.

Wie ist es nun bei Dir. Du hast sicher Gesellschaft. Hast Du mehr Dienst als in der alten Batterie? Heute gehst Du sicher in die Stadt. Ich dachte, heute hätte ich einen Gruß bekommen. Geht es Dir gesundheitlich gut? Vater hatte an T. Marie geschrieben + einen Kranz bestellt, ich las die Karte, Annemie hatte 2 Mk geschickt für eine Blume, Maria v. T. Marie soll sie besuchen, wenn sie mal in die Nähe käme. Ich sitze an Deinem Schreibtisch + schreibe, Dein Bild steht vor mir. Wie kommt es nur, daß ich so wenig Anklang finde, ob doch die Eigenheit, das Erbteil der Rehbachs bei mir so durchbricht? Elli + T. Finchen sind so ganz anders. Elli ist ja ein großer Egoist. Na ja, ich will mich mal wieder zusammennehmen + hochreißen. Ist das Päckchen schon angekommen. Ich werde Dir, wenn ich jetzt die neue Karte bekomme noch einige Taschentücher kaufen. Hast Du Dir Handschuhe gekauft, Du mußt ja jetzt tipp topp sein, da sieht man auch drauf. – Also Rudolf bis morgen, hoffentlich höre ich etwas von Dir. Bleib‘ gesund + wohlauf, sei vielmals gegrüßt + geküsst
von Deiner tr. Mutter.