Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 13. Dezember 1942

O.-U. den 13.XII.42

Mein liebes Mütterlein!

Adventsonntag! Draußen stürmt es und regnet, dazu ist es kalt, recht ungemütlich, gerne sitzt man in warmer Stube und schaut sich das Wetter durch die Scheiben an. Der Kanal und der See sind aufgewühlt. Die Wellen lecken am Damm, hinter dem sich die kleinen, freundlichen und sauberen Häuschen ducken. Die Menschen kommen nur zum Vorschein um nach dem Vieh zu sehen und bleiben, wie man hier sagt, den ganzen Tag achter te Kachel. Schaut man zu ihnen hinein, man kann das mit Leichtigkeit, denn die Fenster sind groß, und der Blick kann ungehindert durch Gardinen über breite Fensterborde, die dicht mit Blumentöpfen bestellt sind, hineinspazieren, dann sitzen sie gemütlich bei einem Buch, einem Koppchen Coffee und Keks, meistens holl. Spekulatius. Es ist ein Völkchen mit hoher Wohnkultur und ebensolchem Lebensstandard.

Ich habe bis zum Mittag gearbeitet und nun will ich bis zum Abend schreiben, ich bin durch die Arbeit immer am Schreiben gehindert worden. Gestern schickte mir Frau Kirste ein zweites Päckchen. Herr Kirste liegt nach erfolgter Mandeloperation mit bösem

Gelenkrheumatismus im Krankenhaus, doch hoffen die seinen ihn zum Weihnachtsfest zu Hause zu haben. Das Päckchen enthielt leckeres, selbstgebackenes Gebäck.

Ich muß heute noch allerlei Post erledigen, Siv hat noch nicht geschrieben. Post nach Gol ist abgegangen.

Gestern erhielt ich Deinen lieben Brief vom 8.12.42. Herzlichen Dank dafür! Ich freue mich mit Dir, wenn Deine Zähne in Ordnung sind. Du Ärmste hast soviel Arbeit? Schön wäre es, wenn ich Dir jetzt helfen könnte. Ich bin froh, daß Du so tapfer bist und nicht so zimperlich wie z. B. Frau Ermert.

Bei mir gibt es nichts Neues! Alles ist in Ordnung.

Dich grüßt und küßt
in Treue
Dein großer Junge.