Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 7. März 1943

Köln-Dellbrück, 7.3.43

Mein lieber, lieber Rudolf!

Nun will ich mich hinsetzen, und mit Dir plaudern, und Die von der Heimat schreiben. Zum wievielten Male in diesem Krieg, und wie oft tut man’s noch? Und immer ist man noch froh, wenn man es noch kann. –

Vielen, vielen herzlichen Dank für Deine lieben Briefe, gestern erhielt ich 2 Stück, vom 2. + 3.3.43. Ich freue mich immer so, wenn Du schreibst, besonders jetzt, wo ich ein bischen nervös bin. Das macht wohl die Jahreszeit. Sonst geht es mir Gott sei Dank aber gut! Daß auch Du gesund bist, freut mich sehr, das ist einmal das Wichtigste. Dann läßt sich alles Andere meistern. Ja, Geduld + Gottvertrauen müssen wir haben, und alle Kraft anwenden, ihr da draußen, und wir hier daheim, damit alles zu einem siegreichen Ende kommt! Ich freue mich, daß Deine Arbeit Anerkennung gefunden hat. Da bist Du jetzt auch einsam? Hoffentlich klappt es mit Deinem Urlaub, auf den ich mich auch riesig freuen. Heute hatten wir schönes Wetter, Fr. Plantz war da, wir waren ein Stündchen spazieren. –

Schade, daß Du nichts mehr aus Norwegen hörst! Meinst Du, Siv würde sich zum Einsatz melden. Ob Gerd das nicht auch tut? Dort wird nun wohl auch langsam der Frühling einziehen. Die Kameraden in Rußland schlagen sich aber tapfer? Wie ist es mit Deiner Beförderung?

Nun hat Heinrich auch schon eine Woche lang lieben Besuch! Er muß sich riesig gefreut haben. Das kann ich mir vorstellen. Am Dienstag, so Gott will wollen sie zurückkommen. Da kann Heinrich sich ja bald auf Deinen Besuch freuen! Und Ostern will Johanna wieder hin. – Hast Du nun an Vater betr. der Abstammung geschrieben? Ich würde das erledigen bei der Uni, vielleicht das man von dieser Stelle aus nachhelfen könnte, daß Du zum Studium kämst! Wenn das mit Gottes Hilfe einmal sein könnte. Man wagt noch garnicht daran zu denken. Gestern Abend hatten wir mal keinen Alarm, es war direkt ungewohnt, man legte sich mit Unruhe schlafen. In Essen muß es auch schlimm gewesen sein. In Holland sind ja soviel Kinder umgekommen! Daß der Luftkrieg solche Ausmaße annehmen würde, hätte man nicht gedacht! Das Rheinland wird doch sehr heimgesucht! Ich glaube, ich erlebe es nicht mehr, daß Köln so aufgebaut wird, wie es war, ich meine, daß alles wieder in Ordnung kommt! Was gibt das Arbeit nach dem Kriege. Aber vorerst muß der Krieg zu Ende gehen. Hoffentlich geht es in Rußland wieder vorwärts. Dort wird es noch schwere Kämpfe geben, wir wissen ja nicht, was der Russe noch alles hat! Menschen hat er ja genügend. Auch die U.S. A. werden viel liefern. Vieles bleibt uns noch zu tun. Wir wollen fleißig beten. Für Dein liebes, treues Gedenken danke ich Dir auch. Wie mag es Vater noch gehen. Er ist auch noch immer im Amt. Nun ja, dann ist er auch noch gesund. Bald hätte ich vergessen, für die ersten Frühlingsboten, die

Schneeglöckchen zu danken. Auch hier blühen sie reich. Ja, es ist auch bald Mitte März. In der kommenden Woche ist Aschermittwoch, Beginn der Fastenzeit. So geht ein Tag dem andern nach, die Zeit eilt weiter, mag geschehen, was da will. Noch einige Monate, und wir haben 4 Jahre Krieg. Hättest Du das gedacht, als Du damals in der Frühe des 26. Aug. weggingst? Man wird so bescheiden, man ist froh + dankbar, für jede Stunde, die man zusammensein darf. Richard hat auch schon wieder Urlaub, 14 Tage. Kaum ist er aus dem Genesungsurlaub zurück, hat er seinen Jahresurlaub. Der kuriert sich gut aus. Georg Kombüchen liegt in Stettin, Zehen erfroren, im 2ten Grad. Heinrich von T. Anna ist auch eingezogen nach Minden. Josef Baumhof ist auch in Urlaub, wahrscheinlich wegen seiner zerstörten Wohnung. Möbel soll er noch haben retten können. Ich wunderte mich, er hat Onkel Arnold auch etwas aus Frankreich mitgebracht! Nun schließe ich, ich will essen, bei mir gibts kalte Küche, Brot + Wurst, dann kommt sicher bald Alarm. Also mein Junge, ich wünsche Dir alles Gute + sende Dir lieben Gruß + Kuß
Deine tr. Mutter.