Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 14. Juli 1935

Köln-Dellbrück, 14. Juli 1935.

Mein lieber Rudolf!

Heute, am letzten Ferientag, will ich Dir noch ein Stündchen widmen! – Vor allem, wie geht’s in all der Hitze + Arbeit! Nun warst Du heute so nahe zu Hause, und konntest nicht kommen! Wenn ich gewußt hätte, wo ihr gewesen wäret, ich wäre nach Köln gekommen. Ich dachte, Du hättest es mir eben mitgeteilt! Oder wart ihr nicht in K. Und wird es am Sonntag, d. 20. auch nichts mit dem Heimaturlaub? Mein Kind, ich habe doch so sehr Sehnsucht nach Dir! Soll es noch 14 Tage dauern, bis ich Dich mal wieder hier habe? Wenn es ja nicht anders ist, muß ich mich fügen! Nun habe ich mich ja wieder zu Hause eingelebt! Die ersten Tage war es mir ja etwas schwer. Alles so anders. Und Du fehlst mir so sehr!!! – Jetzt erst fühlt man, solch‘ herrliche Tage es doch in B. waren. Als ich Dich traf, da war ich noch erregt vom Wiedersehen mit Dir und all dem Neuen, was in den Tagen und in der neuen Umgebung auf mich

eingewirkt hatte. Jetzt erst überdenke ich alles + bin innerlich so glücklich! Es waren sehr schöne Ferien! Etwas Schöneres konnte ich nicht haben. Der H. Pater hat mich am andern Morgen zum Tor begleitet + noch viele gute Wünsche mit auf den Weg gegeben! Morgen fängt nun die Arbeit wieder an. Auch darüber bin ich froh, denn wenn man gesund ist, ist auch Arbeit etwas Schönes! –

Mein Kind, warst Du auch zufrieden mit mir, als ich bei Dir war. Ich hatte das Gefühl, als wärest Du mit mir nicht ganz froh gewesen! Es täte mir leid, wenn etwa etwas Unverstandenes oder gar Unstimmigkeit zwischen uns sein sollte! Gib mir da Antwort in Deinem nächsten Briefe! Ich möchte Dich mein liebes Kind in Allem immer recht verstehen. Daß ich Dich von Herzen lieb habe, das weißt Du ja! Auch, daß ich mir Dir fühle, in schönen + schweren Tagen! – Ich bete, daß es Dir gut gehen möge an Leib + Seele! Bleibe mir gesund + froh!

Heute haben wir Heinrich’s Namenstag. Ich hatte für Joh. einen Rodonkuchen gebacken! Da hat sie