Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 1. Dezember 1945

Lüdenscheid, den 1.12.45

Mein liebes Mütterlein!

Zum ersten Advent sende ich Dir meinen frohen Gruß. Ich wünsche Dir für diese traut-heimliche Zeit Gottes Segen und eine rechte Vorfreude auf das Christfest, welches wir hoffentlich zusammen feiern können. Du hast Di sicher einen Adventskranz gewunden und wirst in stiller Stunde morgen ein Lichtlein anzünden. Auch ich werde Dein gedenken und mich auf das Friedensfest freuen. Für Deine liebe Karte vom 24.11. danke ich Dir von Herzen. Ich kann verstehen, daß Du im Augenblick nicht kommen kannst, na – ich hoffe ich kann Dich bald besuchen. Jetzt habe ich meinen Rock zum Färben gegeben und ihn wohl Ende nächster Woche zurückerhalten. Am Montag werden meine Schuhe fertig! Ich habe eine Kleinigkeit für Weihnachten in Arbeit, hoffentlich wird es nett. Ein Buch von einer Lüdenscheider Schriftstellerin habe ich gekauft, sehr bescheiden gebunden, es soll auch schon ein

Geschenk sein. Kannst Du mir einen Rat geben was ich Heidi schenken soll? Vielleicht kannst Du mir sogar helfen? Ich bin so ziemlich in Druck! Hier gibt es so wenig zu kaufen, ich schaue schon immer, finde aber nichts. – Gesundheitlich geht es gut. Ich laufe jetzt meistens mit Stock! Kannst Du mir meinen Hut herbesorgen? Den Regenmantel hat Heinrich wohl mit? Ich kann mit meiner Mütze und ohne Mantel nicht mehr raus. Ob Flocki auch für uns einmal rüber gehen würde? Leider ist der Grenzübergang von engl. Seite jetzt erschwert. Es wäre zu schön, wenn ich in den Besitz meiner eigenen Sachen kommen würde. Existiert meine Aktentasche noch?

Sehr leid bzw. besser gesacht ärgere ich mich über Kaisers Dickfälligkeit und überhaupt über das Verschwinden verschiedener Sachen. So etwas ist und bleibt Diebstahl, wir haben draußen ja auch nicht das genommen was uns zugängig war. Arbeite nur nicht für andere!

Dir Mütterlein Alles Gute!
Gruß und Kuß sendet Dir
Dein Junge.

Recht vielen Dank auch für Deine Zeilen vom 26.11. die ich eben erhielt.