Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 21. Januar 1940

Sonntag-Nachmittag, 21.1.40

Mein lieber Junge!

Allein + still sitze ich zu Hause. Ich war mit Heinrich, Johanna + Elli + den Kleinen eine Stunde draußen im Wald. Es ist ja wunderbar, jetzt im Schnee. Na, Du wirst ja auch die Winterpracht zur Genüge bewundern können. Es ist ja fast zu kalt, und Ihr da oben werdet es noch mehr spüren. Mit Skiern waren sie in der Hardt, es ist ja richtiger Pulverschnee, ganz trocken. Soviel Schnee haben wir in 10 Jahren nicht gehabt! Der Winter ist zu streng. Aber, auch da müssen wir fein geduldig sein, wir ändern es nicht! – Gestern erhielt ich Deinen lb. Brief vom 13.I. und Freitag Deine Karte mit der neuen Anschrift! Ich bin ja nun wirklich neugierig. Daß Du nun wieder so viele Umstände hast. Das erste Semester ist ja für Dich nun hin. Und wie ist es denn später? Du hast ja das Anfangssemester nicht gehört! Karl-Heinz meinte ja schon, man dürfte keine Vorlesung versäumen, um später ein anständiges Examen zu bestehen. Es sei sehr schwer. Noch ging ihm alles durcheinander. Nun habe ich schon Sorge, daß Du dann doch nicht soviel verdienen kannst, daß es zum Studium reicht. Du kannst auch nicht zwei Herren dienen. – Für die netten Aufnahmen danke ich Dir, da bist Du mal nett drauf. Wie ist es denn mit den Aufnahmen von Weihnachten? Ich bin froh, daß Du gesund bist, ich machte mir schon Sorge, da Du so lange nicht schriebst! Hier ist alles beim Alten. Viel Arbeit haben wir nicht! Es ist das Verdienst auch nicht

groß. Aber es reicht! Morgen kommt nun Herr Schmidtke aus dem Urlaub. Alles geht vorbei. Ich bin froh, wenn ich nicht mehr allein bin. Es läßt sich schwer ertragen, zumal im Winter. Nun wünsche ich, daß auch Du bald frei wirst und weiter kommst.

Auch sonst alles Gute mein Kind. Empfange viele liebe Grüße + einen Kuß
von
Deiner Mutter.