Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 1. Juli 1935
Bergheim den 1.VII.35
Meine liebe Mutter!
Erst heute komme ich dazu Dir zu schreiben. Vorige Woche jagte ein Dienst den anderen. Gott sei Dank das Sportfest ist vorbei.
Es galt tüchtig zu trainieren, der Saal mußte geschmückt werden, Lieder gelernt, Sprechchor geprobt werden. Freizeit hatten wir überhaupt nicht. Dazu kommt noch die Hitze. Die Sonne brannte ja prächtig. Jetzt sind wir braun. So geschwitzt habe ich in meinem Leben nicht! In der Kiesgrube kommt kein Lüftchen an uns. Die Wände strahlen die pralle Sonne zurück. Dann der leidige Marsch. Die Füße fangen wieder an. Ich habe ein furchtbares Hühnerauge. Gehe heute noch zum Sanitäter. Unser Lager wird ganz umgeben von einem Birkenzaun. Mittags müssen wir 5 km weit Stämme tragen. Es wird wohl einen Monat dauern. Es ist die schlimmste Anstrengung. Heute wird schon ein Teil der Kameraden gezogen.
Nun wieder etwas vom Fest.
Es war ganz schön nur nicht nach meinem Geschmack. Überfüllt, gewöhnliches, ungebildetes
Publikum, steife Vorführungen. Bin nach dem offiziellen Teil nach Haus gegangen. Es war 0.30. Um 5 Wecken. Dienst wie gewöhnlich. Kannst Dir die Stimmung denken. Ich bin froh gelaunt. Ich habe keinen Kater. Ich unterhalte mich jetzt oft mit Manderfeld und Riedel. Es werden richtige philosophische Gespräche.
Ich komme am 7. natürlich nicht nach Dellbrück. Ohne Dich bedeutet es mir doch nichts. Ich freue mich, daß Du nach hier kommst. Du erhältst doch einmal ein paar Tage Ausspannung, Erholung, absolute Ruhe, inneren Frieden und Ausgeglichenheit.
Der liebe Gott wird Dir Gesundheit und Zufriedenheit schenken. Am Sonntag werde ich trainieren dann komme ich morgens wohl mal am Kloster vorbei. Es ist ein köstliches Gefühl, Dich in meiner Nähe zu wissen. Unter einem Himmel. Unsere Gebete werden dann gemeinsam zum Himmel streben. Du wirst mir beim nächsten Heimaturlaub viel erzählen können. Die Tage werden Dir bestimmt gefallen und zu den schönsten zählen.
Bestelle viele Grüße an alle. Besten Dank für Dein lieb. Paket. Ich habe es eben erhalten. Sollst Dich doch nicht in Unkosten stürzen. Ich denke an die feierlichen Namenstage usw.
Viele Grüße und einen herzhaften Kuß
Dein Rudolf.
Bis zum 3. Sonntag im Juli.
Glas bringe ich mit.
Zucker kann ich gut gebrauchen. Schluß! Dienst fängt an.