Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 10. September 1935
Köln-Dellbrück, 10. Sept. 1935.
Mein lieber Rudolf!
Zu Deinem Geburtstage, der ja auch für mich ein Gedenktag ist, sende ich dir einen lieben Gruß. Ja, mein Kind, wir wollen morgen zusammen der vergangenen Zeit gedenken und froh und hoffnungsfreudig in die Zukunft schauen. Wir wollen aber zuerst morgen früh Zwiesprache mit dem halten, der uns bis hierher so gnädig geführt hat! Ja, trotz aller Sorge, trotz aller Kämpfe müssen wir danken! Danken für unsere Gesundheit, danken für unsern frohen Mut, danken für unsere Arbeit! Ich denke noch heute daran, was Vater mir bei Deiner Geburt schrieb: „Gott wird uns auch weiter so führen, daß wir unser Erdenkreuz ertragen können! Ja, Kind, auch an Vater wollen wir denken, er soll morgen unter uns sein, auch er wird in Gedanken bei uns sein, bestimmt! Du wirst 21 Jahre alt, also großjährig. Aber Du bist doch mein Kind. Ich brauche Dir ja meine Wünsche nicht anzuführen. Alles, was Dir zum Guten dient, für Seele + Leib, daß möge der liebe Heiland Dir schenken. Eine Mutter kann ihrem Kinde ja nur das Beste wünschen! Ganz besonders werde ich morgen früh in der Kirche für Dich + Vater beten. Ich habe ja so viel für Euch zu erbitten. –
Eine kleine Geburtstagsgabe bekommst Du, wenn Du in 14 Tagen nach Hause kommst. Dann will ich auch eine kleine Feier veranstalten! Also, darauf freue Dich! –
Ich hoffe + wünsche, daß Du wohlauf bist, und daß Du Sonntag kommst. Hier ist nichts Neues. Es ist jetzt nicht allzuviel Arbeit, es dürfte etwas mehr sein. Ich
habe nun Gott sei Dank, den Anstrich bezahlt. Nun kann etwas Neues in Angriff genommen werden. Noch einige Kleinigkeiten habe ich erledigt. Die Kevelaer Reise hat auch ca 8- MK gekostet. Nun muß ich aber aufhören, Geld auszugeben, jetzt muß ich wieder anschaffen. Wir brauchen noch viel! Aber mit der Zeit wird es schon werden.
Nun Gott befohlen. Alles Gute + herzlichen Gruß + einen festen Geburtstagskuß
Deine Mutter!
Hanni ist krank, Ohrengeschichte + Darmgeschichte. Gestern Abend war der Arzt da. Sie ist arg unzufrieden. Heute war bei uns das Geschäft geschloßen, der eine Herr Wallach ist am Samstag im Betrieb plötzlich gestorben. Jetzt sind nur die jungen Herren da, da gibt es allerlei Neuerungen. Der Betrieb wird vergrößert. Ich glaube, es blüht mir noch, daß ich hinkomme! Das ist ja nicht schön, ist aber nicht zu ändern!
Also nochmals
die Deine!
Auf frohes Wiedersehen am Samstag, ja?!!!