Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 7. September 1939

Köln-Dellbrück, 7. Sept. 39.

Mein lieber, guter Junge!

Heute erhielt ich Deine Karten mit Deiner Nummer. Ich beeile mich, Dir gleich einige liebe Worte zu senden! Wie geht es Dir denn, mein Junge? Was machst Du? Du kannst Dir wohl denken, daß meine Gedanken immer bei Dir sind. Wo ich bin und was ich tue, stets denke ich an mein Kind. Eine solch‘ harte Trennung haben wir ja noch nicht erlebt! Ich bete und bete den ganzen Tag. Wir müssen alles in Gottes Hand legen. Es ist ja schwer, zu sagen: „Herr, Dein Wille geschehe“; aber das Gebet allein gibt uns Kraft, überhaupt alles zu ertragen. Mein lieber, lieber Junge! Du weißt ja, daß ich immer mit meiner Sorge und mit meinem Gebet bei Dir bin, ganz innig mit Dir verbunden. Wie könnte es auch anders sein. Du bist doch mein Alles! Bist Du auch stark und hast Du guten Mut? Der liebe Gott wird unserer gerechten Sache beistehen! Hast Du viele Kameraden aus Deiner Dienstzeit bei Dir? Oder bist Du zwischen lauter Fremden? Bist Du gut untergebracht? Hier ist noch alles wie immer. Wir haben ja nicht mehr so sehr viel Arbeit, aber man kann ja auch nicht so viel arbeiten, wie sonst, man hat zu viele Unruhe! Möge doch der liebe Gott uns bald den Frieden bescheren. Es sind sehr viele von hier fort! Onkel Georg am selben Tage, wie Du. Onkel Willi, von Tante Marie drei, Onkel Toni, Onkel

Wilhelm, Herr Jansen und viele andere. Wir sind also allein im Hause. Hoffentlich kommt ihr bald wieder. Nun hoffe ich, daß Du auch bald mal schreibst; man wartet ja mit Sehnsucht!

Für heute mache ich Schluß. Morgen schreibe ich wieder. Ich grüße + küsse Dich recht herzlich und bin und bleibe in aller Liebe + Treue
Deine
für Dich betende Mutter.