Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 8. September 1939
Zu Hause am 8. Sept. 1939.
Mein lieber Junge!
Es ist die Zeit, wo Du sonst zum Mittag kommst. Bei mir ist alles so still. Du fehlst mir an allen Enden. Möge doch der liebe Gott geben, daß Du und Ihr Soldaten alle bald wieder zu Hause seid! Wie ist es? Bist Du wohlauf? Hast Du viel Dienst? Das Wetter ist ja jetzt wieder so schön, nachdem es ein paar Tage geregnet hat! Man hört, Ihr seid gut versorgt mit Essen. Wir können noch keine Päckchen schicken. –
Nun will ich Dir von hier erzählen. Herr Kirste hat am 1. pünktlich d. G. 80 Rmk. geschickt! Ich habe vorige Woche Deine Papiere und Dein Herbarium zur Regierung gebracht! Der Vater hat gestern das G. geschickt! Ich war auch bei Herr Reuland und habe Bescheid gesagt. Der junge Mann ist noch da, ist vorläufig vom Militär zurückgestellt! Er hat ein Jahr gedient! Hast Du gehört viele Universitäten halten vorläufig ihre Tore geschlossen, darunter auch Köln + Bonn. Der Heinrich kam an dem Tage, an dem Du weggegangen warst, nach Hause, vorläufig entlassen. Heinrich Steimels[?] ist auch fort! Und viele alte Frontkämpfer. Wenn man nur mal wüßte wie sich das im Westen entwickelt! Diese Lumpen von Engländer! Nur die wollen den Krieg! –
Mein Kind nun hast Du am Montag Geburtstag! 25 Jahre wirst Du alt. Alles, alles,
was nur ein Mutterherz Gutes ihrem Kinde wünschen kann, wünsche ich Dir, vor allem Gottes reichsten Segen. Möge er Dich behüten vor allem Unglück an Leib + Seele. Denkst Du auch mal an mich? Hoffentlich höre ich bald etwas von Dir. Ihr dürft doch schreiben? Oma + alle dort, ebenso Tante Stina + O. Ch. + Berta senden Dir viele Grüße + wünschen nur Gutes. Oma war gestern in Kalk. Alle, alle denken an Euch da draußen. Es wird viel gebetet! Fr. Planz war auch mal hier. Sie weiß noch nichts von Richard!
Nun will ich wieder nähen. Lebe wohl mein Kind, sei herzlichst gegrüßt + geküsst von Deiner, alten, treuen Mutter, die immer an Dich denkt!