Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 26. September 1939
Dienstag, den 26.IX.39
Mein liebes Mütterlein!
Soeben erhielt ich Dein Päckchen. Vielen, vielen Dank. Nun befolge aber bitte auch meinen Wunsch. Stürze Dich nicht in Unkosten. Ein Brief von Dir ist mir Freude genug. Kaufe Du für Dich noch etwas ein, ehe die Geschäfte alles ausverkauft haben. Wie geht es Dir? Bist Du wohlauf? Was macht die Arbeit? Hoffentlich wirst Du nicht entlassen! Hier ist jetzt seit 3 Tagen wieder schönes Wetter. Nachts ist es bitterkalt. Tagsüber aber lacht die Sonne vom blauen Himmel. Heute soll der Oberbefehlshaber Generaloberst v. Brauchitsch kommen. Obst gibt es hier nicht viel. Wohl Äpfel, aber
alles späte Sorten. Wenn ich sie transportieren könnte würde ich Dir einen Zentner schicken. Aber die Bahn nimmt nichts an.
Wir haben viele Ausfälle an Pferden. Schon zwei mußten wir begraben. Ich habe einen hellen Fuchs als Reitpferd. Ich habe ihm den Namen Erika gegeben, weil dies das aktuellste Lied ist.
Wir spüren hier noch immer wenig vom Krieg. Hoffentlich kommen wir bald nach Haus.
Ich danke Dir für die Zeitungen, man kann sich so doch ein Bild machen.
Liebes Mütterlein, ist Hanni jetzt noch bei Dir? Ist sie bald wiederhergestellt? Ist Fräulein Marga da? Du schreibst mir doch alles nicht, Du weißt ja
alles von Hause interessiert mich. Hier ist also noch alles beim Alten. Hoffen wir, daß wir uns bald wiedersehen.
Ich muß mir jetzt darüber Klarheit verschaffen, ob ich das Vorexamen allein nachmachen kann. Ich werde nach der Fachschaft schreiben.
Ich wüßte einmal gerne, wer das Examen gemacht hat. Und wie die Mädels es alle bestanden haben.
Heinz Rademacher, Hans Fieth werden wohl auch nicht dabei gewesen sein. Jedenfalls weiß ich, daß bei uns keiner Urlaub bekommen hat.