Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 8. November 1939
Mittwoch, den 8.XI.39
Mein liebes Mütterlein!
Schon wieder ist bald eine Woche verstrichen seit ich aus dem Urlaub zurück bin. So schnell vergeht die Zeit hier. Ich hatte viel Arbeit angetroffen. Wenn ich nun in Kürze nicht mehr schreibe, hoffentlich für eine kurze Zeit, so bitte ich Dich, Dich nicht zu beunruhigen. Die Arbeit wächst uns über den Kopf. Aber gerade die Arbeit macht die Zeit fliegen. Je mehr Arbeit desto schneller
ist eine Woche um.
Aus dem schönen Urlaub zurückgekehrt traf ich hier 3 Briefe an. Einen von Margret Freerichs, einen von Gertrud Saal und den dritten von Heinz Radermacher und Aenne Cohaus.
Über den ersteren habe ich mich besonders gefreut. Die Margret studiert im schönen, alten Marburg. Gertrud Saal arbeitet in der Adlerapotheke in Geldern. Aenne Cohaus u. Heinz Radermacher studieren in München. Margret erzählte vom Vorexamen und ihrem jetzigen, freien Studentenleben, Gertrud
Saal ist sehr kurz angebunden. Sie bedankt sich lediglich für meinen Glückwunsch zum bestandenen Examen.
Heinz Radermacher schreibt wiederum sehr herzlich. Er berichtet von seiner Arbeit, vom schönen München und von den peinlichen Prüfungsstunden. Dr. Müller hat auch Ihnen viel Schwierigkeiten gemacht. Wie geht es Dir, mein liebes Mütterlein? Ist klein Hanni wieder bei Dir? Tröstet sie Dich? Du bist doch sicher bald wieder das Alleinsein gewöhnt. Ja, hoffentlich ist es bald zu Ende. Wir alle haben
guten Mut und unseren rheinischen Frohsinn.
Liebes Mütterlein, darf ich Dich um etwas bitten? Könntest Du mir ein Birnchen für die Taschenlampe besorgen? Die Lampe habe ich noch nicht gebrauchen können, das Birnchen scheint zu schwach gewesen zu sein.
Ich will jetzt schließen ich will einmal früh zu Bett gehen. Also alles Gute, eine frohe und freie Gesundheit und einen guten Mut
wünscht Dir
Dein großer Junge,
der immer für Dich betet und Dich nie vergißt.