Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 7. Januar 1940
Köln-Dellbrück, 7. Januar 1940
Mein lieber Junge!
Nun ist die erste Woche des neuen Jahres schon herum. Die Zeit fliegt nur so. Wie ist es bei Dir? Hast Du alles in Ordnung angetroffen? War die Rückfahrt ohne Panne verlaufen? Ich warte nun auf die erste Nachricht von Dir. Ob Du wohl schon etwas gehört hast? Morgen beginnt das neue Trimester an der Uni. Ich denke schon immer, ob es doch noch klappt! Wenn es auch ein paar Tage später wird! Es wäre zu schön, Rudolf, wenn das wahr würde, und Du nach Hause kämest! Es ginge doch weiter. Aber ich bin ganz ruhig, wie Gott es will! Letzten Endes ist es so am besten, wir wissen es nur vorher nicht! – Wie ist es sonst bei Dir. Hier ist es nicht mehr so kalt, es gibt Schnee oder Tauwetter! Im Geschäft ist es still, Stoffmangel. Gestern bekam ich keine Arbeit mit. Montag gehe ich hin. Morgen, am 8.1. geht H. Schmittke in Urlaub! Er freut sich, hat allerlei eingekauft! Tante Stina hat jetzt auch Einquartierung. – Hast Du bei Deiner Rückkehr Post vorgefunden? Rudolf, ich freue mich jetzt auch jeden Tag an unserem neuen Bild. Wenn erst mal die richtigen Möbel dazu da sind, dann wird es noch schöner werden. Mal gespannt, was Frau Planz dazu sagen wird! So kommt doch ein Teil zum anderen.
Und immer wird es schöner. Heute will ich auch Frl. Marga schreiben. Elli muß auch heute Abschied nehmen. Ja, so ist es im Leben. Neues gibt es hier sonst nicht! Alles geht seinen Ganz. Morgen baue ich den Christbaum ab. Ich will wieder im Zimmerchen nähen. Hier ist es zu kalt. Immer habe ich kalte Füße hier unten. Ja, nun weiß ich nichts mehr. Bleibe gesund, mein Kind, und wir wollen auf ein baldiges, frohes Wiedersehen hoffen, ja? Bis dahin empfange viele liebe Grüße + einen herzlichen Kuß
Mutter