Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 18. Januar 1940
Köln-Dellbrück, 18.1.40
Mein lieber Junge!
Nun habe ich schon über 8 Tage keine Nachricht von Dir, Dein letzter Brief ist vom 7.1. Schon jeden Tag hoffte ich auf Dein Kommen. Hat es nun doch nicht geklappt. Vom 20.1. an, also von übermorgen ab wirst Du nicht mehr immatrikuliert. Also wieder ein Semester verloren. Warum haben so viele Andere Glück? Oder bist Du krank? Was soll ich nun denken. Ich weiß ja, daß es bestimmt nicht an Dir liegt, denn wenn Du es ändern könntest. Und dann diese Kälte!!! Ihr Ärmsten Alle. Jeden Morgen, der erste Gedanke an alle Soldaten. Und auch Eure Tiere! Solch‘ einen strengen Winter haben wir seit 10 Jahren nicht gehabt! Hier wird man im Hause kaum warm, und nun erst bei Euch da in der Eifel! Du tust mir so leid. Ich habe mal wieder wenig Mut, so viel Sorge; und doch und doch, wir müssen abwarten! Manche Tage ist es so schwer! Aber, ich muß den Kopf oben halten, es geht ja nicht anders! Ich schicke Dir das Päckchen, weil ich kein Kouvert hier habe und das Beutelchen noch habe. Sobald ich nun etwas höre, muß ich ja wohl wieder anfangen mit Päckchen schicken. Und ich hatte so gehofft, Dich bald zu Hause zu haben. Ja, wir müssen durch alles hindurch, wir müssen kämpfen + beten. Ich wünsche so recht von Herzen, daß es Dir gut gehen möge, daß Du auch die Kälte gut überstehen möchtest.
Man hat ja immer Sorge. Ob es bei Euch noch ruhige ist. Auch darüber denke ich nach! Ich kann nichts Anderes als beten. Und das will ich gerne tun.
Also mein Liebes alles alles Gute, frohen Mut, Gesundheit + Zufriedenheit in jeder Lage, das wünsche ich Dir. Hier gibt es nichts Neues. Viele liebe Grüße Dir mein Junge + einen Kuß
Deine
Dich liebende Mutter.