Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 21. Januar 1940
Sonntag, den 21.I.40
Meine liebe Mutter!
Der Sonntag ist vorüber. Heute erhielt ich Deinen lieben Gruß und Dein liebes Päckchen. Vielen, vielen Dank. Nur nicht traurig sein, liebes Mütterlein! Noch ist nichts abgelehnt.
Der alte preußische Schimmel ist eben eine alte Mähre, ist nicht mehr so flott auf den Beinen. Und dann vor allen Dingen, mach Dir keine Sorgen. Noch bin ich gesund, mir fehlt garnichts. Die Luft hier oben tut mir nur gut. Du hast also wirklich keinen Grund Dir Unruhe zu machen. Von unserem neuen Chef habe ich Dir ja schon geschrieben. Auch 2 neue Leutnants haben wir bekommen. Einen, von meiner Stube in Soest, Leutnant Schorn.
Ja, jetzt muß ich vor ihm stramm stehen. So ändern sich die Zeiten. Rudi Schorn meint man müßte mich entlassen. Ich habe jedenfalls noch immer Hoffnung, und meinen guten Mut kann mir nichts und niemand rauben.
Wir wollen geradeaus sehen, nicht links und rechts. Zukunftsfroh wollen wir an unserem Glück arbeiten.
Der Herrgott wird helfen. Alles ist nur zu unserem Guten. Diese harte Trennung, dieser Krieg macht uns zu reifen Menschen. Wir werden auch nie nur für uns leben können, wir sind eben überall und für alle Helfer und Beschützer. Dein ganzes Leben war mir gewidmet. Meinen Dank kann ich Dir wohl nie ganz abstatten. Ich muß eben auch, wie Du Samariter werden, für wen, weiß ich noch nicht.
Du hast also den Freischütz gesehen. Ich kann mich noch sehr gut an die Scenerie erinnern. Schön war die Scene: „Vorbereitung der Hochzeit!“ Überhaupt war die Bühnenausstattung sehr gut. Schöne Landschaftsbilder, schöne Kostüme. Der deutsche Wald spricht zu uns. Waldhörner klingen auf, deutsche Volksweisen schallen herüber vom Waldrand. Unsere schöne Heimat. Für Sie wollen wir kämpfen und leben.
Viele Grüße an die Einquartierung.
Dich grüßt u. küßt Dein großer Junge.