Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 11. Februar 1940
Köln-Dellbrück, 11. Febr. 1940
Mein lieber Junge!
Gestern erhielt ich Deinen lieben Brief vom 7.II. Hab herzlichen Dank dafür. Es lag darin ein Schein (1 Rmk.). Rudolf, Du brauchst mir nichts zu schicken. Vielleicht hast Du Gelegenheit, Dir Obst oder vielleicht etwas Anderes zu kaufen. Oder sind in der Nähe keine Bauern, die Euch schon mal etwas verkaufen? Besonders in der Kälte mußt Du tüchtig essen. Ich denke so viel an Dich. Wäre doch die schlimmste Kälte einmal vorüber. Es scheint aber noch anzuhalten. Auch hier ist es nach einer Woche Tauwetter wieder ordentlich kalt, 12°. Ich hoffe, daß das mit Deinem Finger nicht gefährlich ist, daß Du ihn später noch gebrauchen kannst. Zieh nur alles an, Kopfschützer, 2 Paar Strümpfe. Mußt Du viel draußen sein? In dieser Kälte werdet Ihr doch hoffentlich nicht zu viel Dienst haben. Hast Du mein Päckchen bekommen? Donnerstag geht wieder eins ab. Also bleibt Ihr nicht lange dort? Meine neue Einquartierung, der 20 jährige junge Mann ist für 14 Tage zum Kursus. Er war sehr nett, ein nettes Kind noch. Ich wünsche, er käme noch mal zurück! Vielleicht, wenn sie nicht inzwischen ausrücken! So muß man sich immer an neue Soldaten gewöhnen. – Gefällt es Dir dort besser, als im Westen? Sind die Leute dort nicht so arm? Vielleicht triffst Du Bekannte dort? – Hier ist so alles beim Alten! Denk mal, Frau Althoff hat einen Selbstmordversuch gemacht. Der Sohn hat sie gefunden, als er
nach Hause kam. Ob sie noch mal gesund wird, ist fraglich. So etwas kann ich nicht begreifen. Sie hatte doch bestimmt keine großen, pekuniären Sorgen! Überall ist etwas. Heute Abend will ich das Krippchen abbauen. Ich hatte es ja noch immer auf dem Schreibtisch stehen, ich dachte immer noch, Du wärest gekommen. Nun sind wir schon in der Fastenzeit. Heute Nachmittag war eine sehr gute Predigt, gehalten von H. Kapl. Ursag. Ich muß aber schon wirklich ein bischen aufgerüttelt werden, ich werde trotz der Kriegszeit gleichgültiger. Und das darf doch nicht sein. In dieser Weise bin ich mit mir selbst unzufrieden. Gesundheitlich geht es mir Gott sei Dank noch gut! Ich wünsche von Herzen, daß auch Du gesund bleibst, dafür bete ich! Sei zufrieden + froh, wir nehmen alles an, wie es kommt! Es ist für uns so das Beste!
Also, mein lieber Rudolf, alles Gute wünsche ich Dir. Empfange viele liebe Grüße + Küsse von
Deiner
Dichliebenden Mutter.