Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 16. Februar 1940
Köln-Dellbrück, 16.II.40.
Mein lieber Rudolf!
Nun erhielt ich Deinen lb. Brief vom 9.2. Vielen Dank dafür + für den Schein von 1 Rmk. Lieber Junge, bitte halte Dein Geld für Dich. Du kannst Dir vielleicht mal etwas kaufen, denn soviel Päckchen kann ich Dir nicht schicken. Man bekommt ja nichts mehr. Nächstens das ich Dir mal eine Kleinigkeit backe. Wenn Du kannst, kaufe Dir schon mal ein Ei oder etwas Obst.
Ich glaube schon, daß dort oben der Winter schön ist. Wir hier im Westen haben uns in diesem Jahr nicht zu beklagen. Es hat drei Tage ununterbrochen geschneit, feiner dünner Pulverschnee. So viel Schnee habe ich kaum hier gesehen. Es sieht ja schön aus, das Schneegestöber, aber, der Verkehr leidet darunter sehr. Keine Bahn fährt pünktlich + so langsam. Es ist ja wohl nicht mehr so sehr kalt! Hoffentlich friert es nicht wieder von neuem. So viel Brand habe ich noch nie gekauft. Unten fegt alles durch den Ofen, und richtig warm, wie oben, ist es doch nicht. Da denke ich nun, wo ich soviel allein bin, denn wer kommt in dem Wetter, so viel an Dich, mein Kind. Gestern war wieder ein Tag, an dem ich dachte, Du kämest. Dann gehe ich so oft ans Fenster, wenn eine Bahn kommt. Das geht mir häufig so. Aber, es war wieder nichts. Ich muß mich gedulden + ich tue es auch! Mein Kind, auch ich will stark sein. Es ist ja für so viele eine schwere Zeit! Was mag die
nahe Zukunft uns bringen. Gebe Gott, recht bald den Sieg + damit das Ende des Krieges. Wir können nur beten + hoffen. Und beten will ich jetzt etwas mehr, in der Fastenzeit! Nun bist Du schon fast ½ Jahr weg. Das hätten wir im vorigen Jahre nicht gedacht! Ja, das ist das Leben, aber die Hauptsache ist, daß man stark ist, und auch das Schwere mit Mut trägt. Dann geht auch alles viel besser, als wenn man sich alles schwerer macht. Daß Du gesund bist, freut mich. Ich mache mir viele Sorge um Deine Gesundheit! Hoffentlich bekommt Ihr alle nicht zuviel ab. –
Hier geht es soweit noch gut. Tante Marie ist nicht auf dem Damm. Hoffentlich erlebt sie noch den Sommer. Ich dachte, wir hätten ihr noch zu Lebzeiten etwas gut machen können. Die Arbeit bei uns ist jetzt wieder mäßig. Zuviel ist es nicht. Was ich mal verdient habe, das gibt’s nicht mehr. Zum Anschaffen komme ich groß nicht. Ich habe mir einen Schirm gekauft. 15 Mk. – So das wäre so alles was ich Dir mitzuteilen hätte.
Also bis bald. Viele liebe Grüße + Küsse + alles, alles Gute, Deine Mutter.