Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 24. März 1940
Ostersonntag, 7 Uhr abends.
Mein lieber, lieber Rudolf!
Ganz allein bin ich im Hause, komme eben aus der Komplet, nun möchte ich ein wenig Dir erzählen. Aus einem Osterspaziergang ist nichts geworden, der Soldat war zu müde, er hat auch Heimweh, und ist ins Kino gegangen. Ich wollte zur Oma, alles war weg, auch Nußmanns, da ging ich zu Tante Stina, da dasselbe, da bin ich zur Kirche gegangen + sitze nun zu Hause. Heute habe ich viel, viel an Dich gedacht. Heute früh, ich war um 6 Uhr zur Kirche, der Soldat kam um 8 Uhr nach dem Antreten nach Hause, haben wir vorn Kaffee getrunken. Ich dachte an Dich, er dachte nach Hause, so war die Stimmung schwermütig. Zum Essen konnte ich ihn nicht einladen, ich hatte so recht nichts da von Fleisch (Kalbsleber). Er wollte aber auch nicht. Dann habe ich allein Mittag gegessen, vorher war O. Toni + Heinrich hier, nicht zu vergessen die 2 kleinen Räuber. In der Zeit daß ich im Hochamt war, waren sie angekommen. Ich hatte ihnen einen roten Bakeliteierbecher mit Löffel gekauft + ein Ei gefärbt. Hanni hatte einen Tornister (ganz von Leder sagt sie) vom Osterhas bekommen. Donnerstag geht’s los in der Schule. Nach dem Essen kam bald der Soldat. Ich saß vorne + las + er in der Küche. Dann tranken wir Kaffee, ich hatte gebacken, er hatte leckere Sachen von Hause und der Braut bekommen, und dann ging ich + wollte zur Oma, er ging ins Kino.
Ja, Rudolf, nun schreibst Du in Deinem Osterbrief, für den ich sehr danke, der mich sehr erfreut hat, daß Du wahrscheinlich weißen Sonntag kommst. Ja, nun kann ich Dir ja wieder kein Päckchen schicken, dann verwahre ich Dir
uns öfter so etwas. Es war zu schön + erhebend, dazu der festliche Rahmen! Na, ich erzähle Dir noch [....]
den Osterhasen und gebe ihn Dir selbst! –
Von dem Geld habe ich T. Stina gesprochen, sofort, als Dein Brief kam. Ja, sie will sehen. Sie meint, schicken, das wäre so etwas. Du könntest es ja mitnehmen. Du kennst sie ja. Hättest Du mir schon mal früher davon geschrieben, dann hätte ich auch etwas gehabt. So kaufe ich nun etwas.
Na, nun kommst Du aber hoffentlich in dieser Woche. Wie ich mich freuen würde, weißt Du ja. Ich will es Dir so schön machen, als ich nur kann! Wie oft, wie oft habe ich Dich heute hergewünscht. Morgen bin ich zu Tante Finchen eingeladen, zum Namenstagskaffee. Mal sehen, ich kann den Soldaten nicht gut allein lassen.
Was hast Du nun heute gemacht. Habt Ihr auch Ostereier bekommen. Hier bekamen die Soldaten je 2 Eier, 1 Tafel Schokolade, 20 Cigaretten, 1 Dose Keks + Kaffeebohnen + ihre Portion. Es tut mir doch so leid, daß Du noch nicht mal ein Stücken Kuchen von mir hast! Ich hole es aber nach. Wenn Du nun in der vorigen Woche kamst, wie Du schriebst, hättest Du Dir etwas mitnehmen können. Was ich habe, verwahre ich Dir aber doch. Du lieber Kerl, sollst doch was haben. Also hoffentlich, hoffentlich kommst Du! Ich will mich mal nicht zu viel freuen. Das Wetter heute war ganz schön, heute früh etwas trüb heute Nachmittag kam die Sonne durch + ganz angenehm warm. Marga schrieb mir zu Ostern + Essers aus Eschweiler. So, nun weißt Du, wie der heutige Tag verlief! Morgen werde ich mal zur neuen Kirche gehen, morgen ist das erste Hochamt dort! Nun Rudolf, nochmals auf ein baldiges, frohes, gesundes Wiedersehen + viele herzliche Grüße + einen Kuß
Deine Mutter.
Übrigens habe ich ganz vergessen, Dir zu schreiben, daß mir die Aufführung der Matthäus-Passion ganz wunderbar gefallen hat. So Gott will, wenn Du wieder zu Hause bist, leisten wir