Köln-D. 6. April 40.

Mein lieber Rudolf!

Nun sind schon 2 Tage herum, seit Du wieder fort bist! Es ist Samstag-Abend, ich sitze allein, habe alles schön und nun denke ich an Dich. Des Abends, so wenn es dunkelt, bekomme ich immer so ein wenig Heimweh nach Dir. Ich denke an die Tage, da Du im Urlaub hier warst, auch des letzten Tages, der eine Auseinandersetzung + eine Verstimmung brachte! Das hätte nicht sein brauchen. Ich mache mir eben zu viele Sorgen um Dich, + Du, Du kannst das nicht verstehen. Glaube mir, Rudolf, weil ich Dich lieb habe, weil ich Dir nur Gutes wünsche, darum sorge ich mich! Ich möchte, daß Du später, wenn Du älter bist, mit Freude an Deine Jugend zurückdenkst. Ich höre nicht auf, für Dich zu beten und Dich unserm Gott anzuempfehlen. –

Bist Du gut dort angekommen? Hast Du die lange Reise gut überstanden? Konntest Du etwas schlafen? Hast Du alles aufgezehrt? Nun bist Du wohl wieder mitten drin im Dienst! Nun bin ich neugierig, was jetzt kommt! Hoffentlich klappt alles! Ich wünsche es Dir. –

Oma + Elli sind noch in Iddelfeld, die halten gut aus. Heute war ich bei Tante Stina, und fing mal von Berta an zu sprechen. Sie hatte es aber schon selbst gesagt! Ich wundere mich, Tante Stina ist so gefasst! Sie sagt, was soll sie schimpfen, es ist ja nicht zu ändern. Und Pläne machen, hat ja keinen Zweck, man weiß ja noch nicht, was kommt! Ich bin erstaunt. Berta will sich in Köln ein Zimmer mieten. Ich soll dann später wenn Tante Stina nicht mehr lebt, mit auf Berta achten. Ach,

wer weiß, wie noch alles kommt! Onkel A. weiß auch Bescheid. Er hätte nichts gesagt! –

Heute war ein netter Frühlingstag, wenn auch nicht so sonnig, so doch schön warm, nach dem Regen der 2 letzten Tage. Es wird mit Macht grün. Alle Leute sind fleißig in den Gärten. Es ist ein Glück, daß der Winter nun endlich vorbei ist! Hoffentlich ist auch bald der Krieg vorbei, so daß Du wieder zu Hause sein kannst! Wäre das ein glück + eine Freude! Wir wollen darum beten! Nun Rudolf, will ich schlafen gehen. Bleibe froh + wohlgemut + sei aufs herzlichste gegrüßt + geküsst von
Deiner
stets an Dich denkenden Mutter.