Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 13. April 1940

Köln-Dellbrück, 13. Apr. 40.

Mein lieber Rudolf!

Auch heute habe ich noch nichts von Dir bekommen. Ich denke nun ganz bestimmt, daß Du unterwegs bist, oder gar schon an Deinem neuen Ziele angekommen bist! Wo ist das nun? Und wie geht es Dir, das ist die bange Frage, die mich bewegt? Ich bete für Dich und empfehle Dich dem Schutze Gottes und seiner Heiligen. Nun scheint es ja doch weiterzugehen. Man sieht mit Spannung der Zukunft entgegen. – Nun verlebst Du Deinen Namenstag fern von der Heimat. Ich sandte Dir gestern ein Päckchen mit einem Stück Kuchen. Weiß Gott, wann + wo es Dich erreicht! Noch eins will ich vorläufig nicht schicken, bis ich mal Nachricht habe. Je nach dem wo Du bist, kannst Du Dir ja auch etwas kaufen, Obst u.s.w. Ich will sehen, Dir noch ein paar Bildchen zu kaufen, weißt Du die Köpfe von Michel-Angelo, die wir gesehen haben. Man sagte mir, die würden jetzt so viel gefragt! – Denk Dir, Vater hat die Miete noch nicht geschickt. Ob das mit Deinen Referenzen etwas zu tun hat? Vielleicht hat man bei ihm angefragt, und dafür muß ich nun büßen. Ob ich mal schreiben soll? Ich tue es nicht gerne! – Heute geht nun Berta auch von Hause fort, nach Köln, Machabäerstraße. Es sieht nicht aus, als ob es ihr schwer würde. Auch bei Tante Stina merkt man nichts. Ob sie es verbirgt, ich muß sie Beide bewundern. – Hier müssen jetzt Viele fort, Herr Bäumer, Herr Wehrheit hier gegenüber, Herr Meistich, Herr Büth, (vom Martha Heinrichs). Was wird es vielen schwer sein von den Herren. Aber es ist ganz gut so, laß sie mal alle Soldat werden. Solange sie hier hinter ihrem Pult hockten, haben sie alle gut reden. – Heute kann man

nicht raus, es regnet den ganzen Tag. Ich muß nähen, morgen will ich abliefern. Herr Lich. muß heute Abend raus zur Übung. Er meint, in den nächsten Tagen gings weg. Dann bin ich wieder allein. Unten ist mir das nicht angenehm! Na, vielleicht findet sich später etwas Anderes. Es ist doch sehr kalt hier unten. Ich muß immer noch kräftig heizen. Die Wohnung wird teuer an Brand! Nun war es ja oben auch ganz besonders sparsam! Ja, mein Kind, was wird noch werden. Heute Abend ist Hanni hier zum Schlafen. Sie spielt, gleich will sie Dir auch etwas schreiben. In der Schule gefällt es ihr ganz gut! Auch ihre Aufgaben macht sie eifrig. Sie hat schon 4 Fleißkärtchen. Ob es so bleibt? Elli ist auch immer noch nicht weiter. Sie hat auch Pech. Onkel Georg sieht auch nicht gut aus. Oma ist noch die Alte! – So nun weißt Du so das Neueste. Nun wünsche ich Dir alles, alles Gute. An Deinem Namenstage denke ich besonders an Dich! Bleibe gesund. Es grüßt + küsst Dich recht herzlich in treuer Liebe
Deine Mutter.

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Hannis Grüße, die sie allein schrieb!