Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 22. April 1940
Montag, den 22.IV.40
Liebe Mutter!
Aus dem Sonntagsurlaub nach Raddatz zurückgekehrt fand ich gleich 2 liebe Briefe von Dir vor. Für beide vielen Dank.
Besonderer Dank für Deinen Namenstagswunsch. Tatsächlich hatte ich selbst diesen Tag vergessen. Ja, so sind wir augenblicklich eingespannt.
Liebes Mütterlein mach Dir man keine Sorge! Vater wird Dir das Geld schon schicken. Die Reverenzen können nicht Schuld haben. Wir haben einen neuen Kommandeur und der hat sich bestimmt in meiner Angelegenheit noch nicht bemüht.
Also Kopf hoch, es wird schon werden! Der Frühling ist ja auch gekommen. Ich habe einen wunderbaren Sonntag verlebt. Samstag mittag bin ich mit einigen Kameraden losgefahren, - nach Raddatz. Hübners, die Quartierleute freuten sich. Hatten Spaß, daß ich im Urlaub an sie gedacht hatte.
Es war herrliches Wetter. In der Früh sind wir los zum Fischzug. Es war bestimmt ein Erlebnis. Diese unberührte Natur. Störche und Fischreiher stolzierten durchs Rohr, die Frösche musizierten, Wildenten und Taucher sorgten für ihr leibliches Wohl. Unterdes ernteten auch wir. Aale, Hechte, Barsche, Schleien und Krabben waren die Beute. Braun gebrannt und hungrig gings an den Mittagstisch. Da warteten dann allerlei Leckerbissen, Spickaal, gespickter Hecht usw.
Na, Du kennst Soldatenmägen und deren Fassungsvermögen. Nach Tisch machten wir einen Spaziergang in den Wald. Ich hab an Dich gedacht und Dir von ganzem Herzen auch einen solch schönen Tag gewünscht. Hoffen wir, daß wir Beide bald wieder auf Fahrt gehen können.
Zur Politik kann ich Dir wenig sagen. Jedenfalls wir sind stolz Soldaten zu sein und wünschen dem Vaterland die siegreiche und blühende Zukunft.
An meinem Namenstag dachten Tante Stina, Tante Finchen und Heinrich. Ich werde Ihnen selbst danken. Nun noch eins! Du schreibst da etwas von Päckchen. Bitte schicke nichts! Außerdem besteht seit 8 Tagen ein Divisionsbefehl, der das Schickenlassen von Päckchen verbietet. Die Feldpost übernimmt keine Verantwortung für die richtige Zustellung. Ich hab auch garnichts nötig.
Bald schicke ich Dir auch das Geld für die Pistole. Nach nicht langer Zeit wird auch der Friedenssold ausbezahlt werden. Ich schicke oder vielmehr ich lasse ihn Dir schicken. Und Du verfügst über die Pfennige, bitte!
Mußt nicht glauben, daß nun alles zur Sparkasse gebracht werden müsse. Ist der Frieden erst da, dann hab ich zwei gesunde und starke Fäuste, die wollen für Dich schaffen.
Bitte, liebes Mütterlein, schränke Dich jetzt nicht unnötigerweise ein. Tu was für Deine Gesundheit usw. Du weißt ja wie ich’s meine. Du kennst doch Deinen Jungen gradlinig ohne Hintergedanken, Du weißt doch, ich sag’s immer wie ich’s meine.
Noch immer stecken wir auf dem Übungsplatz doch bald soll es losgehen. Na, man vertröstet uns ja oft. Hoffen wir, daß diesmal die Parolen Recht behalten.
Mir geht es weiterhin gut. Ich bin jetzt ordentlich braun gebrannt. Geh auch Du viel in die Natur, in die Sonne! Du bist doch auch sonnenhungrig. Nun für heute Schluß und alles Gute.
In alter Frische
grüßt und küßt Dich
Dein Junge.