Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 28. April 1940
Sonntag, den 28.IV.40
Liebe Mutter!
Deinen lieben Brief vom 21. erhielt ich als Sonntagsgruß. Hab für Deine lieben und ausführlichen Zeilen vielen Dank.
Aber – aber, Du stürzt Dich einmal wieder in Unkosten! Riesig freue ich mich ja über Dein Geschenk! Wird da mein Zimmer fein! Weißt Du, eine ganze Reihe hängen wir dicht nebeneinander, als Fries über den Schreibtisch. Du, ich freu mich schon auf den nächsten Urlaub.
Liebes Mütterlein, wie soll ich das nun wieder gutmachen? Ich komme immer tiefer in die Schuld. Vielen, vielen Dank dafür!
Aus Deinen Zeilen ersehe ich, daß Du mit dem Frühling wieder auflebst. So ist es Recht. Wie die Sonne die Wolken wegfegt so soll unser Mut und unser Frohsinn die Sorgen verjagen.
Sollte Vater nun wirklich kein Geld mehr schicken, hat der Herrgott gleich Hilfe bei der Hand. Mit meiner Friedensbesoldung
scheint es klappen zu wollen. Wir haben einmal ausgerechnet. Bei meinem Dienstalter macht das etwa 96,00 Rm im Monat. Diesen Betrag stellt Dir die Standortgebührenstelle Hamm zu. Und Du kannst damit schalten und walten wie Du willst. Du siehst wie unser Herrgott hilft.
Aber trotz Allem kann ich nicht glauben, daß Vaters Schweigen mit den Reverenzen etwas zu tun haben soll. Meine Gründe habe ich Dir ja schon geschrieben. Also Kopf hoch. Es wird schon schief gehen.
Heute ist nun wieder einmal Sonntag. Auch hier oben ist herrliches Wetter. Vom blauen Himmel lacht die schon wärmer gewordene Frühlingssonne. Von meinem vorigen Sonntag schrieb ich Dir ja schon. Du siehst auch ich hab hier als Soldat schöne Stunden. Gestern schrieb mir auch Margret. Seit Montag, dem 21. ist sie wieder in Marburg. Mit viel Liebe und Begeisterung schreibt Sie von der schönen, alten Hessenstadt, von dem herrlichen Frühling. Es geht ihr gut!
Wie ich die Neuigkeiten von Schlössers aufgenommen habe, kannst Du Dir denken. Schreib mir doch bitte die Adresse von Berta, ich denke, ich schreibe ihr einmal.
Da ist Dir die Einquartierung von Herrn Lichewski doch lieber als die von Agnes Boehner? Ja, wir sind einfach, natürlich und gesund. Deren ganzes Wesen ist ja auch krankhaft.
Augenblicklich machen mir die Zähne wieder zu schaffen. Ich muß sehen daß die Bösen rauskommen. Aber so schlimm ist es nicht, daß Du Dir schon wieder Sorge machst.
Bist Du vorigen Sonntag bei Josef und Heinrich gewesen? Was machst Du heute? Ist in Dellbrück heute schönes Wetter? Jetzt kommen wieder all die Städter raus. Die Pfirsische blühen schon! Hier recken die Kastanien ihre ersten Knospen in’s Sonnenlicht. Die Störche klappern im Moor. Hier gibt es kein Dorf, wo die Störche nicht nisten. Für uns Rheinländer sind das ungewohnte Bilder.