Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 3. Mai 1940
Freitag, 3. Mai 40.
Mein lieber, lieber Rudolf!
Nun muß ich gleich drei liebe Briefe von Dir beantworten. Gestern, am Himmelsfahrtstag erhielt ich 2 Briefe vom 28.+29.4. und heute den vom 30.4. Bist Du aber fleißig. Ich freue mich sehr darüber, und danke Dir für Deine guten Nachrichten. Ich bin beruhigt, da ich weiß, daß Du noch oben bist. Ich glaube, im Norden ist die Sache bald beigelegt. Vielleicht werdet ihr woanders eingesetzt. Sie nur zufrieden, ihr werdet auch an die Reihe kommen. Ich kann mir ja vorstellen, daß es Euch zu lange wird, auch hier die Kameraden möchten mitmachen. Herr L. ist noch immer hier. – Lieber Junge, lege doch bitte kein Geld mehr ein. 3 Mark bekam ich. Wenn ich jetzt das Gehalt bekomme, dann kannst Du doch die Löhnung für Dich gebrauchen. Es ist doch immer etwas nötig, und es ist doch schön, wenn Du etwas in der Tasche hast, bes. wo ich jetzt nichts schicken soll. Hast Du das Namenstagspäckchen mit dem Kuchen noch nicht erhalten? Rudolf, Du hast doch kein Sportzeug mehr, und kaufen kann ich ja nichts. Ich will mal sehen, ob Heinrich nichts bekommt! Soll ich die gute Badehose schicken? Ich tue das sehr gerne! –
Ich freue mich zu hören, daß Du gesund bist und daß Du Dich auf die Bilder freust. Ich glaube auch, es wird schön aussehen! Was machen Deine Zähne?
Warst Du beim Arzt? Daß Margret Dir wieder schreibt, darüber freue ich mich! Hoffentlich machst Du Dir keine zu großen Hoffnungen. Es würde mir für Dich sehr leid tun, wenn Du enttäuscht würdest. Ich bin so froh, daß Du nun auch liebe Briefe bekommst, und Jemand hast, an den Du denken kannst, außer die Mutter. Ich wünsche Dir ja soviel Glück! Ich werde mich schon einstellen, wie es sein muß, damit wir alle gut miteinander auskommen! Ich meine ja auch, wenn ich den Satz aus ihrem Brief lese, es wäre mehr, als nur so höflich hingeschrieben! „Glück auf“, mein Junge. Es wird Dir auch Ansporn sein, Dein Leben + Deinen Beruf aufzubauen. Ich wäre so froh, damit Du Dich nicht verzettelst. Ein edles Mädchen kann gut auf einen jungen Menschen einwirken, sie kann ihn hochziehen + für alles Gute begeistern. – Ich wollte auch, ich hätte in der Jugend jemanden gehabt, der mir mit gutem Rat zur Seite gestanden hätte, dann wäre wohl manches anders. Ja, aber dann hätte ich ja meinen Jungen nicht, und die Jahre, in denen wir zusammen waren, die haben meinem Leben erst Inhalt gegeben, die haben nur das Leben erst lebenswert gemacht! Nein, es sollte schon alles so sein! Von Vater habe ich noch nichts gehört! Na, wenn das wahr wird, was Du schreibst, dann hätte der Herrgott schon wieder geholfen. – Mein Junge, es ist schon spät. Sonntag schreibe ich weiter und gehe noch weiter auf Deine Briefe ein. Bleibe gesund + sei herzlichst
gegrüßt + geküsst von Deiner treuen Mutter.
Für die lieben Zeilen von Deinem Kameraden danke ich auch herzlich. Ich freue mich, wenn ihr gute Kameradschaft haltet, die muß Euch ja vieles ersetzen. Grüße ihn bitte recht herzlich von mir. D. Mutter.