Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 5. Mai 1940
Sonntag, den 5.V.40
Liebe Mutter!
Sofort will ich Deinen lieben Brief vom 29.IV. beantworten. Für ihn hab vielen Dank! Ich bin froh zu hören, daß es Dir gut geht. Ich glaube Dir, daß die Heimat im Frühlingskleid prächtig ist. Wir haben uns ja oft gemeinsam an der herrlichen Natur gefreut. Ich danke Herrn Lichewski, daß er sich Deiner etwas annimmt. Oder geht die Initiative von Dir aus? Fast glaube ich das Letztere! So ist es aber recht, immer hinaus soviel wie eben möglich.
Nun gleich eine sorgenvolle Frage: „Hat Vater etwas geschickt? Oder immer noch ohne Nachricht?“ Ich versteh das nicht! Kameraden haben schon den Friedenssold bekommen. Du schreibst mir, wenn Du das Geld bekommst. Hoffentlich
ist das bald der Fall. Dann könnte ich Dir doch einmal so schön helfen. Du glaubst garnicht wie mich das freuen würde!
Wie ich meinen Sonntag verbracht habe? Du – ganz faul. Das Wetter ist weniger schön. Der Himmel ist grau verhangen, ein kalter, unfreundlicher Ost treibt uns den Sand in’s Gesicht. Der feine Sand knirscht uns zwischen den Zähnen und kratzt in den Augen. Da bleiben wir zu Hause. Heute Morgen hab ich endgültig die Kammer abgegeben. Gott sei Dank! Nach dem Dienst ging’s in’s Körbchen. Den ganzen Tag haben wir mit Schlafen, Lesen, Radiohören und Essen verbracht. Manchmal tut das ja ganz gut. Aber schön ist so ein Leben, solch fauler Sonntag nicht. Da ist jeder Wochentag mit ordentlichem Dienst angenehmer.
Immer stecken wir nun auf dem Übungsplatz. Ganz schön ist es hier ja, aber – aber endlos eintönig.
Ob wir wohl noch nach Norwegen kommen? Wir glauben es noch kaum! Unsere Kameraden haben uns keine Arbeit mehr übrig gelassen. Wir sind wieder einmal die Dummen gewesen. Wir sind die einzige Abteilung, die von unserer Division übriggeblieben ist. Wir üben und üben! Warum ist keinem klar! Na, wir können nichts ändern. Meldungen zur kämpfenden Truppe sind zwecklos.
Bei uns geht jetzt der Urlaub auch wieder in Ordnung. Vorläufig bin ich ja noch nicht an der Reihe. Jedenfalls freue ich mich schon jetzt auf die schönen Tage.
Was macht Hanni? Ich habe ihr am Dienstag geschrieben. Heute schreibe ich einmal an Karl Esser. Was ich Pfingsten unternehme weiß ich noch nicht! Mal sehen – vorläufig kommen wir nicht aus dem Lager.
Mir geht es gesundheitlich weiterhin prima. Trotz vielem Dienst bin ich guter Dinge und freue mich
riesig über Deine und Margret’s Post. Das sind so meine Freuden.
Wenn Du mir schreibst, daß Karl Heinz Perger krank ist, Franz-Josef Heinrichs auf der Schreibstube hockt, bin ich froh gesund zu sein und Außendienst machen zu können. Riesig froh bin ich die Kammer los zu sein. Diese Klüngelei liegt mir nun garnicht. Jetzt kann ich mich wieder so ganz auf das Artilleristische werfen. Nun, liebes Mütterlein wünsche ich Dir eine sorglose, sonnige und frohe Woche. Bleib mir gesund, damit Du zu Pfingsten Dich ordentlich pflegen kannst und Dir 2 schöne Tage machen kannst. Nun für heute Schluß.
In alter Treue
grüßt und küßt Dich
Dein großer Junge.