Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 13. Mai 1940
Pfingstmontag, am Abend!
Mein liebes Kind!
Nun sind die beiden Feiertage vorüber, eigentlich gut, daß man wieder an die Arbeit kommt, und nicht so viel Zeit zum Denken hat. Man ist ja in einer Sorge jetzt um Euch, Ihr Lieben. Wie geht es Dir? Und wo steckst Du wohl? Aber, überall stehst Du in Gottes Hand. Heute war es auch ziemlich kalt! Gegen Abend setzte Regen ein. Unschönes Pfingstwetter! Auch für die Soldaten ist der Regen nichts. Gott sei Dank hörten wir heute wieder von schönen Erfolgen. Die drei Tage sind die Truppen ja schon ein ordentliches Stück weitergekommen. Hoffentlich geht der Vormarsch wie bisher weiter. Dort im Westen soll nun ja die Entscheidung kommen! – Hier denkt man auch daran, daß die feindlichen Flieger uns mal besuchen können, man ist etwas beunruhigt! Gebe Gott, daß wir ziemlich verschont bleiben. Heute früh war ich nach der Messe zur Oma gegangen. Da kamen O. Georg + Heinrich aus dem Siegkreis zurück. Sie hatten für T. Finchen eine Ziege geholt! Die Kinder hatte ihre Freude daran. Am Nachmittag bin ich mit T. Stina zu T. Marie gegangen. Darnach fuhren wir nach Köln zur Berta. Dort waren wir bis 7 Uhr. Es war sehr kalt. Berta hat ein kaltes Zimmer, nach Norden raus, nur Mauern sieht sie + ein kleines, kleines, trauriges Gärtchen tief unten! Sie ist so verlassen, sie tat mir ordentlich leid! Heute Abend war ich noch zur
Oma. Gestern Abend waren T. Finchen, Elli + ihr Josef hier. Bis fast Mitternacht haben sie hier gemütlich gesessen. Wir haben alle Bilder bestaunt! Dein großes Bild vorne gefiel Josef sehr gut! Überhaupt gefiel es ihm bei uns. Wir hätten eine schöne Wohnung. Von Vater hörte ich noch immer nichts. Ob er auch schließlich noch Soldat ist? Was meinst Du? Ich meine wohl nicht! Na, wenn Dein Gehalt kommt, dann kann ich ja die Miete bezahlen. Diese Woche denke ich, kann ich die Bilder abholen! Mögen sie Dir noch viel Freude machen. Ja mein KInd, wie man sich freuen würde, wenn alles gut zu Ende wäre, das kann man sich noch nicht ausmalen. Also, Rudolf, bleibe mir gesund, sei frohen Mutes, Gott wird alles zum Besten lenken. Ich bete für Dich, das weißt Du ja, alle beten für Euch!
Also nun empfange für heute viele liebe Grüße + einen treuen Kuß
Deine alte Mutter.