Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 27. Juni 1940
Köln-Dellbrück, 27.6.40.
Mein lieber Rudolf!
Nun muß ich ja bestimmt annehmen, daß Du auf dem Transport bist. Wo magst Du nun hinkommen? Mein Kind, wo Du auch bist, Mutterliebe + Muttersorge + Gebete begleiten Dich! Das ist alles, was ich für Dich tun kann. Nun bist Du meinem schützenden Arm entwachsen und mußt für Dich selbst eintreten und mußt für uns hier streiten. Möge der Herrgott Dir die Kraft geben, tapfer Deinen Mann zu stehen und Deine Pflicht zu tun. Nun wird der Endkampf ja bald beginnen! Wir haben die feste Zuversicht, daß auch das für uns zum guten Ende führt! Inzwischen sind die Engländer noch frech! Jede Nacht sind sie hier + beunruhigen uns 2 Stunden lang! Hoffentlich wird ihnen bald das Kommen unmöglich gemacht! Dann atmet man wieder auf! Auch wir müssen tapfer + stark sein, wenn es auch schwer fällt. Man hat keine starken Nerven mehr! –
Wie geht es Dir nun? Ob Du bald mal schreibst? Ich weiß, wenn es Dir möglich ist, wirst Du es schon tun! – Noch kann ich Dir berichten, daß es uns sonst allen hier gut geht! Von Frau Steimels hörte ich, daß der Heinrich in Paris ist. Er lebte gut! Immer wären sie nachgezogen! Noch müssen immer welche fort. Heinrich ist noch hier.
Tante Stina ist auch ziemlich nervös! Die Kinder sieht man wenig, da sie allein nicht kommen wollen. Johanna geht es wieder besser. Sie ist auf, sieht aber noch schlecht aus! – Hast Du nun meine Briefe laufend erhalten? Läßt Margret auch von sich hören, sodaß Du doch eine kleine Freude hast?
Rudolf, nun grüße ich Dich recht, recht herzlich + sende Dir einen festen Kuß in Liebe
Deine Mutter.