Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 19. Juli 1940
Köln-Dellbrück, 19.7.40
Mein lieber Rudolf!
Heute erhielt ich Deinen lieben Brief vom 29.VI.40. Er war geöffnet worden, darum wohl die Verzögerung! Ich danke Dir für den schönen Brief mit der Schilderung der herrlichen Landschaft. Du schreibst so anschaulich, daß ich mir sehr gut ein Bild davon machen kann. Besorge Dir doch mal Bilder, damit ich sie auch mal bewundern kann.
Wie ist es nun mit der Post von hier. Hast Du von mir nun endlich etwas bekommen. Ich denke es ja doch! Ich schrieb Dir regelmäßig. Hier geht das Leben seinen gewohnten Gange. Ich habe immer noch Arbeit, keine Hetzerei, aber immer zu tun. Allerdings hole ich das Mittags meistens ein Stündchen Schlaf nach, sonst hält man’s nicht aus. Aber ich glaube, bald können wir wieder ruhig schlafen. Habt Ihr auch die Führerrede heute Abend gehört? Es war erhebend, nicht wahr. Der Herrgott erhalte uns unsern Führer. Man ist stolz, ein Deutscher zu sein. Was wird der Engländer machen. Man wartet alle Tage! Aber nun wird bald mit ihm Schluß sein! – In der Familie ist sonst alles in Ordnung. Berta ist jetzt in Honnef.
Ich weiß noch nicht, wann ich meine Ferien nehmen soll. Ich warte noch etwas. Vielleicht gehe ich irgendwo hin. Heute erhielt ich schon ein Namenstagsbrief von Fam. Bartz. Dort geht noch alles gut. Der Sohn ist auch Soldat! Von den Verwandten schreibt H. Bartz allerdings sehr Trauriges! Ich soll Dich vielmals grüßen sie wünschen Dir alles Gute! –
Wie ist es, habt Ihr da oben auch Obst + gibt es dort auch Blumen u.s.w. Wie ist die Flora dort? Kaufe nur tüchtig Bilder, das ist etwas für später! Hoffentlich, der liebe Gott möge es geben, kommst Du mir gesund nach Hause zurück! Das ist mein tägliches Gebet für Dich! Also, mein Junge viele liebe + herzliche Grüße + einen festen Kuß in Treue
Deine Mutter.