Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 21. Juli 1940
Sonntag, 21. Juli 40.
Mein lieber Junge!
Sonntag ist’s, immer ein Tag, an dem man mit besonderer Liebe und auch mit Sehnsucht an Euch da draußen denkt, weil man selbst etwas mehr Zeit hat! Nun sind schon so viele einsame Sonntage vergangen. Leider ist in den letzten Wochen das Wetter dermaßen veränderlich, daß man nichts unternehmen kann. Immer Regen, Regen, den ganzen Juli hindurch! Man kommt nicht raus! Was machst Du heute? Bei Euch ist wohl auch der Sonntag mit einem Maß von Arbeit angefüllt! Was macht denn Deine Erika? Hast Du Bilder von ihr? Was treibst Du in den freien Stunden? Ihr kommt wohl garnicht so zum Nachdenken, wie wir, weil es für Euch allerlei Neues gibt!
Ich erhielt Deinen lieben Brief vom 11.7., mit den guten Wünschen für meinen Namenstage. Ich danke Dir herzlich dafür. Ob ich den Tag feire, weiß ich noch nicht! Ich denke, ich schiebe das auf bis zu einer andern Zeit! Da wirst Du aber eine Menge Briefe erhalten, wenn die mal alle ankommen. Deine kommen jetzt pünktlich! Immer wieder freue ich mich, über Deine Schilderungen über Land + Leute!
Was wird das, so Gott will später Stoff zum Erzählen sein. Gefällt Dir die Sprache? Wer erteilt die Kurse? –
Hier gibt es nichts Neues. Ich bin fleißig beim Einmachen! Obst gibt es sehr viel, trotz des Regens. Hoffentlich bist Du im Winter mit dabei, es zu verzehren. –
Meine Einquartierung ist noch immer da. Abends, nach neun Uhr trudeln sie ein, Oma, Elli, T. Stina. Ich habe das Haus besetzt! Viel gesprochen wird nicht, Du weißt ja die Gegensätze, Oma – T. Stina. Am schönsten wird es sein, wenn Du wieder da bist! Fr. Perger erzählt mir, daß K. Heinz jetzt in Danzig im Krankenhaus als Operationshilfe tätig ist. Es soll ihm das auch angerechnet werden. Albert ist auch in Danzig. Sie, Fr. P. ist glücklich. Fanz Josef Kienwits[?] ist wieder für 14 Tage in Urlaub hier. Er soll einen feinen Posten haben. Die Kameraden sind im Westen, er sitzt noch da oben in der Garnison. (Beziehungen.) Das ist bestimmt nicht im Sinne unseres Führers! Na, es muß jeder wissen. Der grade Weg ist immer noch der Beste. Wir wollen es weiter so halten, gelt?
Also, Rudolf,. mit Gott weiter! Herzlichst grüßt + küßt Dich
Deine Mutter.