Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 2. August 1940
Köln-Dellbrück, 2. Aug. 40
Mein lieber Rudolf!
Gerade schlägt es eins, ich sitze da + warte auf den Alarm, aber es scheint gut zu gehen. Wir stehen immer noch um 12 Uhr auf + machen uns fertig, damit wir gleich herüber laufen können. Man wird schon ohne Wecker wach, man hat sich schon daran gewöhnt! Gottlob, noch sind wir gesund + wohlauf. Ich hoffe dasselbe von Dir Ich erhielt Deinen lieben Brief vom 24.7., der mir sagt, daß Du guten Mutes bist! Ja, wann mögen wir uns einmal wiedersehen. Augenblicklich sind mehrere Urlauber von da oben hier. Nun ist der August schon da, bald bist Du ein Jahr fort, ein Jahr bin ich schon allein. Manchmal ist es doch schwer, aber, wenn man um sich sieht, dann ist man nicht allein, viele haben das gleiche Schicksal! Mit Gottes Hilfe wird auch das vorübergehen. Es ist eine Zeit, die die Menschen fester aneinander bindet! Sie lehrt uns aber auch beten? Vergißt Du das auch nicht? Nun wird wohl zum letzten, großen Schlag ausgeholt! Der muß furchtbar werden. Er müßte nur auch die treffen, die das
Ganze angezettelt haben. Leider sind die dann meistens in Sicherheit! Nun ist Euer Lehrgang schon zur Hälfte herum. Nun das Neueste. Gestern Abend kam Ellis Bräutigam unerwartet in Urlaub. Morgen Samstag ist Hochzeit. Er ist auch Gefreiter geworden. Am Montag muß er wieder fort!
Heinrich ist für einige Tage nach München. Tante Stina ist nach Honnef gefahren, um Berta zu holen. Sie soll noch einige Wochen in Köln bleiben, dann kommt sie nach Hause. Das Kind kommt in ein Heim. Ob sie dann Ruhe hat? Es wird schwer für sie werden. Heute war es nun nach langer Zeit mal wieder schönes Wetter. Hoffentlich hält es an, damit die Frucht herein kommt. Ja, der Wind geht bald über die Stoppelfelder, es ist schon spät im Jahr. Wann ich die Ferien nehme, weiß ich noch nicht! Ich muß ja bald, bis September ist Schluß! Frau Severin hat ihren Sohn krank, im Lazarett. Hans Schuchardt ist in Urlaub. Heinz Perger ist in Danzig im Hospital als Operationshelfer bis Ende August. Frau Perger meint zum Semesteranfang am 9. Sept. wäre er wieder hier.
Na, so Gott will, schaffen wir es auch noch, auch wenn es etwas länger wird. – Nun wünsche ich Dir einen schönen Sonntag, ihr
seht euch sicher das Städtchen an. Hast Du schon schöne Bilder? Schick doch mal welche! So nun Schluß. Ich wünsche Dir weiter Gesundheit + Frohsinn + sende Dir herzlichen Gruß + Kuß
Deine tr. Mutter.