Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 19. August 1940
Köln-Dellbrück, 19.8.40.
Mein lieber Rudolf!
Einen lieben Gruß aus der Heimat will ich Dir senden. Wie geht es Dir? Ich hoffe, daß Du gesund bist. Nun habt ihr es bald geschafft im Kursus. War es schön? Kommst Du zu Deiner alten B. zurück?
Nun war gestern, am Sonntag so wunderbares Wetter, wie lange nicht! Ich war aber auch den ganzen Tag in der Sonne. Des Morgens bei Tante Finchen im Garten + des Nachmittags mit Nußbaums in B-Gladbach im Bergischen Löwen auf der Terrasse in der Sonne. Inzwischen waren Oma + Elli, die wir begleitet hatten, bei Josefs Eltern. Sie wollten die Wohnung einsehen. Elli wird wohl hinziehen. Es gefällt ihr ja nicht so recht. Küche im Unterhaus + Schlafzimmer auf der 2ten Etage. Sehr ungemütlich. Aber vorläufig bekommt sie nichts. Na es ist ja nicht für immer. Heute ist nun das Wetter wieder scheußlich, dunkel, Sturm, Regen. Ich bin wieder allein im Hause, wie jetzt so oft. Fr. Jansen ist eine neue Stelle einsehen. Wenn ich doch nicht so viel allein wäre. Ich leide darunter. Gebe doch der liebe Gott, daß wir bald wieder zusammen sind. Manchmal wünsche ich, ich hätte eine Arbeit außer dem Hause. Aber wenn Du wieder da bist, ist das auch nichts. Jetzt haben wir mal zwei Nächte Ruhe gehabt, d. h. hier direkt waren sie nicht, das Schießen hörten wir aber die ganze Nacht. Gegen 4 Uhr heute früh kam noch einer hier herüber gebraust auf dem Heimweg. Ja, wie wird die Zukunft
werden? Was mag noch kommen? Es ist gut, daß man es nicht weiß. Gebe Gott, daß der Führer allen Anforderungen gewachsen bleibt + unser Volk auch! –
Hier ist sonst noch alles beim Alten. Wir sind noch alle gesund! Nun muß ich Dir einen Gruß ausrichten, und von wem? Das rätst Du nicht. Ich komme gestern Morgen aus der Kirche, da kommt ein junger Mann zu mir, Biergmass aus unserer Straße, oben neben Schüttlers, er ist viel in der Kirche + sagt: „Fr. Schmitz ich soll ihnen schon so lange einen Gruß bestellen von einem jungen Arzt aus Deutz. Den Namen weiß ich nicht. Er ist in Thorn. Ich denke daß ist der Bernd Herhaus. Ich ließ mir die Anschrift geben, hier folgt sie, vielleicht schreibst Du mal hin.
3/I. L. A. Ersatz-Abtlg. 211
Thorn W.
Artl. Kaserne Königstr.
Er sagte, er sei als Militärarzt dort. –
Nun will ich weiter arbeiten, morgen möchte ich abliefern. Halt noch etwas. Tante Lieschen in Leyerhöhe[?] ist vorige Woche gestorben. Leider kam zum Begräbnis keiner hin, da die Nachricht zu spät kam. 81 Jahre alt! Wir wollen in nächster Zeit noch mal hin, und auch ihr Grab in Hochteppel besuchen. –
Ich wünsche Dir weiter alles Gute, mein Junge! Empfange herzlichste Grüße + einen Kuß
von
Deiner Dich l. Mutter.