Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 21. August 1940

Köln-Dellbrück, 21. Aug. 40.

Mein lieber Junge!

Nun hatte ich erwartet, heute von Dir ein Brieflein zu bekommen, doch nichts ist eingetroffen. Ich hoffe, daß es Dir gut geht, und denke, daß Ihr in den letzten Tagen des Kursus viel Arbeit habt. Nun ist ja wohl alles überstanden. Hat’s geklappt? Alles zur Zufriedenheit ausgefallen? Ich wünsche es Dir! Ist dort auch so miserables Wetter? Nach einem wundervollen Sonntag, den ich Gott sei Dank voll ausgenutzt habe, eine ganz schlimme Woche. Regen, Sturm, Kälte und so trüb, man leidet wirklich darunter, und dann im Hochsommer. Es ist traurig für die Bauern. Und für die Winzer wird es nicht besser werden! Aber alles Jammern hilft nichts + führt zu nichts. „Wie Gott will“, auch wenn es noch so trübe aussieht! –

Für Deinen lieben Brief vom 11. Aug. vielen Dank! Ich freue mich, zu hören, daß bei Dir alles in Ordnung ist, auch gesundheitlich! Ich bin nicht so recht im Schuß, das Wetter, die Sorge. Hoffentlich wird’s bald wieder. – Inzwischen schrieb ich Dir Ellis neuen Namen. Anbei Josefs Adresse:
„Gefreiter Jos. Fischer
F.P. Nr. L. 36336, Luftgau-Postamt
Münster Westf. K.“

Berta’s kleiner Fritz ist nun schon 4 Wochen alt. Er ist in dem Kinderheim in Köln gut aufgehoben, vorläufig bleibt er dort! Der große Fritz aus Frankfurt fliegt jetzt auch mit gegen Engeland, er hat schon das E.K. I + II, allerhand Leistung, was? Er

hat etwas Draufgängerisches von seinem Großvater. –

Ich habe mir eine neue Brille zugelegt. Ich hatte Pech mit der alten, sie war gebrochen. 20 Mk. kostet die, viel Geld! Im Laufe des Monats werde ich die letzte Rate des Gasherdes begleichen, so Gott will, dann ist das auch erledigt! Ich kann jetzt nicht viel anschaffen, so viel verdiene ich nicht. Viele von uns sind entlassen, und anders eingestellt worden. Man kann sich ja auch denken, daß das so kam. Ich bin froh, daß ich mir noch keine Sorge um die Miete zu machen brauche. Dein Sold kommt pünktlich, das ist der Retter in Not! Von Vater höre ich ja nichts mehr. Auch traurig. Na, egal!

Sonst wüßte ich von hier nichts Neues. Da oben wird es nun wohl schon bald kalt. Im Winter wird es ja trostlos sein, bes. wenn es nicht recht hell wird. Nun bist Du fast ein Jahr fort, am Samstag. Hätte man das gedacht? Wie lange wird es noch werden? Was ist nun das Leben? Ich will schließen, heute ist es ja doch nichts mit dem Schreiben, das Wetter macht einen ganz mutlos!

Dir alles, alles Gute wünschend, grüßt + küsst Dich herzlich
Deine
Mutter